Das Multikulti-Roadmovie über die Freundschaft zweier ungleicher Frauen bietet geradlinig erzählte Unterhaltung mit Tiefgang.

Hamburg. Unlängst hat auch der Film das Thema Migration für sich entdeckt. Meist versuchen die Macher, möglichst allen Facetten gerecht zu werden, verbreitete Vorurteile und Stereotypen zu benennen, um sie dann zu entkräften. Mitunter hinterlassen sie damit einen sauren, moralisierenden Beigeschmack. Auf löblich leichtfüßige Art umschifft Regisseur Rachid Bouchareb diese Fallen in seinem international koproduzierten Roadmovie "Just like a Woman", den Arte an diesem Donnerstag ausstrahlt.

Der Film greift eine verbreitete Hysterie in den USA auf, wie sie nach den Terroranschlägen vom 11. September 2003 ganz normale Bürger, aber vor allem Uniformierte befiel. Hinter jedem Vollbart witterten Übereifrige in jenen Zeiten einen Terroristen. Mit zum Teil schlimmen Folgen und Vorverurteilungen. Der Film handelt von der Freundschaft zweier ungleicher Frauen, die beide im unglamourösen Teil von Chicago leben. Und von einer Emanzipation durch - den Bauchtanz.

Marilyn (Sienna Miller) jobbt als schlecht bezahlte Telefonistin. Daheim wartet ihr arbeitsloser Ehemann darauf, ihr Erspartes trinkenderweise in den Feierabend zu tragen. Auf den Flügeln des Glücks zu segeln sieht anders aus. Auch das Leben von Mona (Golshifteh Farahani) verläuft wenig optimal. Zwar hat sie einen verständnisvollen Ehemann an der Seite, aber auch einen Drachen von Schwiegermutter unterm gemeinsamen Dach, der sie zu allerlei Fruchtbarkeitsscharlatanen schleppt, auf dass sich der familiär verordnete Nachwuchs endlich einstelle.

Und wie es so geht im Leben: Irgendwann implodiert es und fliegt einem um die Ohren. Bei Marilyn und Mona geschieht das synchron. Marilyn erwischt ihren Losergatten beim Fremdsex im Ehebett. Rettender Ausweg scheint ein Auftrittsangebot ihres Bauchtanztrainers. Mona wiederum glaubt, in einem medikamentösen Durcheinander ihre Schwiegermutter vergiftet zu haben und flieht.

Beide Frauen treffen sich und starten in Marilyns Auto durch. Erste Erfolge bei gemeinsamen Tanzauftritten stellen sich ein. Das Gefühl heilsamer Selbstbestimmung schmiedet schon bald ein enges Band zwischen ihnen. Mona allerdings verschweigt ihre genauen Fluchtgründe. Die facettenreich erzählte Geschichte seiner beiden Heldinnen auf den Spuren von "Thelma und Louise" ergänzt Regisseur Bouchareb wohltuend durch einen Nebenstrang über ein Ermittlerduo. George (Tim Guinee) hat Muffen, den spießbürgerlichen Eltern seine toughe muslimische Freundin Soha (Bahar Soomekh) zu präsentieren. Beide ringen im beruflichen Alltag mit Vorurteilen gegenüber Muslimen.

Das alles wird schön geradlinig erzählt. Die Darstellerwahl mag etwas stereotyp erscheinen. Sienna Miller muss nicht viel Verwandlung aufbringen, um ein freiheitsliebendes, Bauch wackelndes Hippie-Girl zu verkörpern. Golshifteh Farahani gibt ihrer Mona dagegen eine in jeder Sekunde glaubhafte Verzweiflung. Wie sie sich von der scheuen, pflichtbewussten Hausfrau zur selbstbestimmten Frau emanzipiert, die am Ende Verantwortung für ihr Handeln übernimmt, kauft man ihr ab.

Zwar erliegt auch Bouchareb der Versuchung, die beiden Mädels sorglos planschend in einem Tümpel vor einem grandiosen Canyon-Panorama abzulichten. Aber das bleibt eine Episode. Das vermeintliche Idyll konterkariert er durch die Konfrontation mit ein paar unbelehrbar engstirnigen Fundamental-Christen auf einem Campingplatz und manch anderer Volte. Letztlich versucht "Just like a Woman", aufgeladen mit einem ernsthaften Thema, auf anspruchsvolle Weise zu unterhalten. Und das gelingt dem Film, bei dem man die ganze Zeit mit seinen gebeutelten Heldinnen fühlt und leidet, vorzüglich.

"Just like a Woman" Fr 14.12., 20.15, Arte