Bundespräsident hebt bei der Verleihung des Theodor-Wolff-Preises in Berlin die Bedeutung des Qualitätsjournalismus hervor.

Berlin. Es war kein Geringerer als Bundespräsident Joachim Gauck, der am Mittwoch in Berlin die Laudatio auf die diesjährigen Theodor-Wolff-Preisträger hielt. Ein Mann, der die in Artikel 5 des Grundgesetzes garantierte Pressefreiheit zu schätzen weiß wie keiner seiner Amtsvorgänger, nimmt man den allerersten, Theodor Heuss, einmal aus.

Vor den gut 250 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Medien in der Ullstein-Halle der Axel Springer AG erinnerte Gauck daran, dass es vor nicht allzu langer Zeit ein Deutschland gab, in dem sich die Presse dazu missbrauchen ließ, Parolen zu verbreiten und die Leser mit Beschwörungen und Beschwichtigungen zu traktieren. "So etwas wirkt ja wie Gift auf die Menschen, auf die ganze Gesellschaft." Guter Journalismus sei das Fundament demokratischer Teilhabe, sagte Gauck.

Der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner rief den Journalisten zu, auch im digitalen Zeitalter gebe es keinen Grund zu verzagen. "Eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte bleibt eine gute Geschichte." Wenn er die Texte der Preisträger lese, mache er sich um die Zukunft des Journalismus keine Sorgen. "Die Zukunft gehört denen, die daran glauben, dass der Journalismus lebt", sagte Döpfner.

Die fünf Ausgezeichneten standen dann im Mittelpunkt des Abends. Hochbeglückt und hochdekoriert. Den mit 6000 Euro dotierten Preis in der Kategorie "Kommentar/Glosse/Essay" erkannte die Jury Harald Martenstein und seinem Plädoyer gegen den Mainstream zu ("Der Sog der Masse", "Die Zeit"). Die mit je 6000 Euro dotierten Auszeichnungen in der Sparte "Lokales" gingen an Lars Fischer, der sich eine Woche lang als Mülltaucher aus den Abfallcontainern von Supermärkten ernährte ("Ein gefundenes Fressen", "Wümme-Zeitung"), und an Philip Cassier, der beobachtete, wie und warum zwei hochbetagte Freundinnen die beste Hühnerbrühe von Berlin kochen ("Eine Dosis jüdisches Penizillin", "Berliner Morgenpost"). Alexander Gorkow und Volker Zastrow wurden in der Kategorie "Allgemeines" ebenfalls mit je 6000 Euro ausgezeichnet. Gorkow für sein Porträt des Schauspielers Matthias Brandt ("Ein anderes Leben", "Süddeutsche Zeitung"), Zastrow für seine Einordnung des verschleppten Guttenberg-Rücktritts als gesellschaftlich-politisches Phänomen ("Wie Ken den Kopf verlor", "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung").

Der Theodor-Wolff-Preis wird seit 1962 vergeben. Er ist damit der älteste und, neben dem Henri-Nannen-Preis, renommierteste deutsche Journalistenpreis. Inzwischen haben sich mehr als 400 Preisträger in die Siegerliste eingeschrieben, die sich wie ein Who's who des deutschen Nachkriegsjournalismus liest.

Sie alle halten heute die Erinnerung an Theodor Wolff wach, der unbestritten der wichtigste Chefredakteur der Weimarer Republik gewesen ist. Wolff hat 27 Jahre lang das berühmte "Berliner Tagblatt" geleitet, für ihn schrieben Alfred Kerr, Kurt Tucholsky und Joseph Roth. Wolff war es, der für sich dekretierte "Ich will mir gern die Finger verbrennen" und der seinen Lesern predigte, man könne eine drohende Diktatur nur bekämpfen, solange sie nicht etabliert sei. Als jüdischer und linksliberaler Journalist gehörte Theodor Wolff zu den Ersten, die von den Nazis mundtot gemacht wurden. Er verließ Deutschland 1933. Seine Irrfahrt führte ihn nach Südfrankreich, wo er im Mai 1943 verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert wurde. Vier Monate später starb Wolff in seiner Heimatstadt Berlin.