Beim vierten Verhandlungstag am Landgericht geht es kurios zu. Staatsanwaltschaft wirft Heinze vor, einen Stoff zwei Mal verkauft zu haben.

Hamburg. In diesem an Merkwürdigkeiten keineswegs armen Prozess gegen die ehemalige NDR-Fernsehspielchefin Doris Heinze vor dem Landgericht Hamburg ist dies vielleicht der seltsamste Fall: Die Staatsanwaltschaft wirft ihr vor, einen Stoff gleich doppelt verkauft zu haben. Darum geht es in Heinzes Vernehmung am Dienstag, dem vierten Verhandlungstag.

Die Angeklagte hat bereits gestanden, eigene Drehbücher und Bücher ihres Mannes dem NDR unter Pseudonym untergeschoben zu haben. Deshalb muss sie sich nun wegen Bestechlichkeit und Betrugs vor Gericht verantworten. Doch nie im Leben, sagt sie, habe sie ein Drehbuch zweimal verkauft.

Die Bücher, um die es geht, ähneln sich zumindest vom Titel her. Das eine heißt "Dienstage mit Antoine", das andere "Tage mit Marie". In "Dienstage mit Antoine" sollte es um die Geschichte einer Amour fou zwischen einem jüngeren Mann und einer älteren Frau gehen. Für die weibliche Hauptrolle war Hannelore Elsner vorgesehen. Unter dem Pseudonym Marie Funder verkaufte Heinze das Buch dem NDR, der es von der Münchner Produktionsfirma Allmedia produzieren lassen wollte. Doch dazu kam es nicht: Funder alias Heinze kassierte zwar das Drehbuchhonorar, brach dann das Projekt jedoch ab. Ihr habe ihr eigenes Buch nicht gefallen, sagt sie nun. Offiziell begründete sie im Sender die Entscheidung damit, dass Sat.1 und das ZDF an einem ähnlichen Stoff arbeiteten.

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Das sei eine vorgeschobene Begründung gewesen, sagt sie. Wirklich? Dabei wollte die Produktionsgesellschaft Network Movie in der Tat beiden Sendern einen Stoff mit dem Titel "Tage mit Marie" anbieten. Autorin war Doris Heinze. Daraus wurde nur deshalb nichts, weil die zuständige Produzentin den Arbeitgeber wechselte.

Als Heinzes Machenschaften im NDR aufflogen und der Vorwurf des doppelt verkauften Drehbuchs im Raum stand, wollte Unterhaltungschef Thomas Schreiber das Buch von "Dienstage mit Antoine" sehen. Sie habe ihm daraufhin eine leicht überarbeitete Fassung von "Tage mit Marie" vorgelegt, sagt Heinze. Im Wesentlichen habe sie nur die Namen der Protagonisten geändert. Sie habe aber schon vorgehabt, das Skript komplett umzuarbeiten, um das Problem mit dem nicht realisierten Projekt "Dienstage mit Antoine" zu "heilen", wie sie es nennt.

Hier stutzt der Vorsitzende Richter Volker Bruns. Bei dem Drehbuch, das nun bei den Akten liegt und auf dessen Deckblatt "Dienstage mit Antoine" steht, handelt es sich also um "Tage mit Marie"? Heinze bestätigt das. Wieso sie Schreiber nicht das Originaldrehbuch von "Dienstage mit Antoine" vorgelegt habe, will Bruns wissen. "Ich hatte es nicht mehr", sagt die Angeklagte. "Warum?", fragt der Richter. "Weil ich misslungene Drehbücher nicht behalte." Bruns ringt sichtlich um Fassung. "Das mögen rituelle Angewohnheiten sein", sagt er nach einer kurzen Pause. "Es klingt aber ein bisschen seltsam."

Da fällt Heinzes Verteidiger ein, dass ein Treatment, eine neunseitige Kurzfassung von "Dienstage mit Antoine", in der Akte liegt, die er für das Arbeitsgerichtsverfahren seiner Mandantin mit dem NDR angelegt hatte. Auf Wunsch der Staatsanwältin lässt er es ins Gericht holen. Bis zum nächsten Verhandlungstag werden es die Verfahrensbeteiligten durcharbeiten.