Die Probleme von Harald Schmidt und Thomas Gottschalk ähneln sich und sind doch vollkommen verschieden. Eine Gegenüberstellung.

Man kann mit Fug und Recht sagen, dass Thomas Gottschalk sich um die "Harald Schmidt Show" verdient gemacht hat. Sein grandios misslungener ARD-Vorabend-Talk "Gottschalk live!" war dem großartigen Ironiker Schmidt ein nie versiegender Quell für Spott und Lästerei. So ist es indirekt auch Gottschalk zu verdanken, dass Schmidt zuletzt zu Topform auflief.

Die Ironie des Schicksals will es nun aber, dass Schmidt, obwohl er eine großartige Sendung macht, von Sat.1 vor die Tür gesetzt wird , während die ARD Gottschalk trotz, nun ja, nicht ganz so hochqualitativer Unterhaltung zumindest einstweilen noch die Stange hält. Was beide Entertainer verbindet, sind ihre miesen Quoten. Die Konsequenzen, die ihre Senderchefs aus dem unbefriedigenden Zuschauerzuspruch ziehen, sind jedoch höchst unterschiedlich: Sat.1-Chef Joachim Kosack muss seinen Sender dauerhaft und nach Möglichkeit deutlich auf einen Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen - nur diese angeblich werberelevante Zielgruppe zählt bei den Privatsendern - von über zehn Prozent wuchten. Schmidt erreicht mit seiner Show aber nur sieben Prozent. Kosack kann gar nicht anders, als auf seine Dienste zu verzichten.

Gottschalk hat übrigens sein Quotenziel noch viel deutlicher als der Kollege von Sat.1 verfehlt. Er sollte zehn Prozent aller Zuschauer erreichen. Tatsächlich dümpelt sein Marktanteil meist zwischen drei und fünf Prozent. Daran hat auch der Relaunch der Sendung nicht viel geändert: Zwar lag der Marktanteil von "Gottschalk live!" vergangene Woche stets ein paar Zehntelprozentpunkte über fünf Prozent. Doch am Donnerstag stürzte der Talk ab: Nur noch 920 000 Zuschauer bedeuteten einen Marktanteil von 3,7 Prozent.

G+++ Gottschalk bäumt sich auf, gewinnt aber kaum Zuschauer +++

Die ARD-Vorsitzende und WDR-Intendantin Monika Piel steht dennoch in Treue fest zum blond gelockten Moderator. Nun haben Quoten bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht dieselbe Bedeutung wie bei den Privaten. "Gottschalk live!" läuft jedoch im Werberahmenprogramm. Da die ARD auf diesem Sendeplatz Werbezeit verkaufen kann, gelten hier sonst ähnliche Regeln wie bei RTL und Sat.1: Wer keine Quote macht, fliegt.

Aber die Quote ist im Fall von "Gottschalk live!" nur ein Aspekt. Es geht auch um die ARD-Vorsitzende selbst, die bereits vor dem Start des Vorabend-Talks als schwach wahrgenommen wurde. Sollte Gottschalk endgültig scheitern, wäre dies für Piel, die ihn ins Erste geholt hatte, äußerst fatal.

Ihr Problem ist, dass sie nach Stand der Dinge das Aus für "Gottschalk live!" bestenfalls herauszögern kann. Bekanntlich kann die ARD von einer Ausstiegsklausel Gebrauch machen, wenn Gottschalk bis zum 20. April nicht einen Marktanteil von zehn Prozent erreicht.

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So wird es auch kommen - sollte nicht noch ein Quotenwunder geschehen oder der Entertainer mit einer Charmeoffensive, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat, die übrigen ARD-Intendanten auf seine Seite ziehen. Seit vorvergangener Woche ist nämlich bekannt, dass die überwiegende Mehrheit der ARD-Hierarchen dem quotenschwachen Vorabend-Talk lieber heute als morgen den Saft abdrehen würde.

Bis Anfang Juni wird Gottschalk noch weitermachen können. Dann dürfte ihn dasselbe Schicksal ereilen wie Schmidt, der bereits zum 3. Mai seine Show aufgeben muss. Doch was wird dann aus den beiden, die wie nur wenige die TV-Unterhaltung der vergangenen Jahre geprägt haben? Schmidt macht sich vor laufenden Kameras selbst Mut: "Die Show läuft ja noch lange", ließ er seinen Studiogast Sarah Wiener am Donnerstag wissen. Sie werde lediglich "am 3. Mai zum letzten Mal bei Sat.1 ausgestrahlt. Punkt." Bei welchem Sender sie künftig läuft, ließ er offen. Nur ZDFneo schloss er aus. Das sei ein Kanal "für arbeitslose Spätpubertierende". Mag sein. Aber Sender, die Wert auf hohe Quoten legen, werden um Schmidt künftig einen großen Bogen machen.

Und Gottschalk? Er wird wohl noch die eine oder andere Gala im Abendprogramm der ARD moderieren dürfen, bevor seine Karriere sich dann so langsam ihrem Ende zuneigt. "Gottschalk live!" wird dann längst dem kollektiven Vergessen anheimgefallen sein.