Hamburg. „Hallo, guten Tag. Ich bin obdachlos. Darf ich Sie kurz stören? Ich lebe seit fünf Wochen auf der Straße und schlafe jede Nacht in der Kälte. Ich habe Hunger und brauche Geld für einen festen Schlafplatz. Haben Sie eine kleine Spende für mich?“
Der Mann, der gerade an der Station Hagenbecks Tierpark eingestiegen ist, blickt von Reihe zu Reihe durch die U-Bahn. Uns guckt er auch an. Wir sind auf dem Weg in die Innenstadt. Wir sitzen in der U 2. Die meisten Fahrgäste in der U-Bahn gucken weg.
Der Obdachlose geht durch die Mitte, jetzt steht er direkt vor uns, hält uns seine Mütze vor die Nase. Sein Gesichtsausdruck wirkt traurig und niedergeschlagen. Er trägt zerfetzte Kleidung und hat einen Rucksack über die Schulter geschwungen. Er sieht ungepflegt aus, als hätte er sich lange Zeit nicht gewaschen. Er tut uns leid.
Der Mann, der die Fahrgäste um Geld bittet, ist leider kein Einzelfall in Hamburg. Es gibt zurzeit circa 2000 Obdachlose in der Hansestadt. In letzter Zeit sehen wir immer wieder Obdachlose auf den Straßen und immer häufiger in den U-Bahnen. Die U-Bahn ist ein warmer und trockener Ort.
Der Obdachlose steht immer noch vor uns. Wir kramen in unseren Taschen nach Geld und geben ihm etwas. Er sagt „Danke schön!“, und man sieht ihm seine Freude über so eine Kleinigkeit an, was uns sehr berührt.
Er geht weiter, noch eine andere Frau, die ein paar Plätze von uns entfernt sitzt, gibt ihm ebenfalls etwas Geld. Das ist alles.
Mehr ist in dieser U-Bahn nicht für ihn zu holen. Er packt seine Sachen und steigt an der übernächsten Station aus.
Wir sind an der Station Messehallen angelangt – und wieder steigt ein Obdachloser ein. Er hat einen Hund bei sich. Der Hund ist total niedlich, er hat schwarzes, zerzaustes Fell.
Die U-Bahn hat sich gerade in Bewegung gesetzt, da fragt er laut, ob jemand etwas Kleingeld für ihn und seinen kleinen Freund, den Hund, hätte. Einerseits haben wir Mitleid mit dem Hund und hätten sicher auch etwas gegeben, aber wir haben selber nicht so viel Geld.
Die anderen scheinen ebenfalls so zu denken, keiner gibt ihm etwas. Uns gehen viele Gedanken durch den Kopf: Wieso gibt es so viele Obdachlose in unserer Stadt? Ist es in anderen Städten genauso? Wie kommen Obdachlose in diese Situation?
Wir hoffen, dass sich die Lage bessert und dass viele Obdachlose einen Schlafplatz im Winter finden und nicht krank werden. Es wäre schön, wenn sich mehr Menschen für Obdachlose einsetzen oder ihnen helfen würden.
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