Hamburg. Im Hamburger Stadtteil St. Georg leben mehr als 12.000 Menschen. Viele Hamburger gehen hier täglich zur Arbeit. Einer von ihnen ist Oberkommissar Birger Falinski. Die Schülerreporterin Sabrina Panten hat den Polizisten getroffen und ihn für das Hamburger Abendblatt interviewt. Birger Falinski erzählt von seinem Beruf und dem Alltag eines Bürgernahen Beamten – kurz BÜNABE – in St. Georg.
Hamburger Abendblatt: Herr Falinski, Sie sind in St. Georg als Polizist eingesetzt. Wie lautet die offizielle Bezeichnung?
Birger Falinski: Bei der Polizei intern lautet die offizielle Bezeichnung BFS. Die drei Buchstaben stehen für ,Besonderer Fußstreifendienst‘. Aber im Stadtteil sind wir als Stadtteilpolizisten beziehungsweise als BÜNABE, also Bürgernahe Beamte bekannt.
Waren Sie vorher schon einmal in anderen Stadtteilen eingesetzt?
Falinski : Nach meiner Ausbildung war ich zunächst in der Bereitschaftspolizei. Dort war ich für ganz Hamburg eingesetzt, und dann war ich zehn Jahre in Bergedorf an der Revierwache. Danach habe ich fünf Jahre in Billstedt beim Jugendschutz gearbeitet. Anschließend bin ich nach St. Georg gekommen.
Wie lange sind Sie schon in St. Georg tätig?
Falinski : Seit drei Jahren. Im ersten Jahr hatte ich das Betreuungsgebiet zwischen Berliner Tor und Hühnerposten mit vielen sozialen Einrichtungen. Jetzt, seit zwei Jahren bin ich im Gebiet zwischen Asklepios Klinik St. Georg und Hansaplatz unterwegs
Wie viele Bürgernahe Beamte gibt es in St. Georg?
Falinski : St. Georg gehört zu dem Gebiet der Wache 11. Dieses Gebiet ist in sechs Betreuungsgebiete aufgeteilt. Jedes Gebiet hat seinen eigenen Charakter.
Da ist einmal das Gebiet, wie eben schon gesagt, zwischen Berliner Tor und Hühnerposten mit vielen sozialen Einrichtungen. Dann gibt es das Gebiet der Hochschule für Angewandte Wissenschaften zwischen Adenauerallee und Steindamm bis zum Kreuzweg. Dort sind ziemlich viele Seniorenanlagen und islamische Gemeinden, die betreut werden müssen. Es gibt auch noch mein Gebiet mit vielen Schulen, insgesamt fünf an der Zahl. Außerdem gibt es noch das Gebiet Hansaplatz und Umgebung mit viel Rotlichtmilieu und das Betreuungsgebiet Hauptbahnhof.
Was gehört zu Ihren Aufgaben?
Falinski : Kontakt zu den Bewohnern zu halten und zu den Geschäftsleuten, außerdem zu den sozialen und religiösen Einrichtungen. Dann bin ich außerdem noch Schulpolizist. Wenn es in einem Betreuungsgebiet eine Schule gibt, wird sie von dem Bürgernahen Beamten betreut. Da hat man dann doch noch mehr mit den jugendtypischen Aufgaben zu tun. Ich führe auch Gespräche mit Opfern von besonderen Straftaten.
Dazu zählen Raubopfer beziehungsweise Opfer von Einbrüchen, bei denen es Kontakt zwischen Täter und Opfer gab. In dem Fall waren die Opfer in ihrer Wohnung, während dort eingebrochen wurde. So etwas ist dann ein besonderes Ereignis. Wenn ich mich ein oder zwei Tage später bei den Opfern melde, kann das unheimlich zur Beruhigung der Opfer beitragen.
Was ist für Sie persönlich das Besondere an Ihrem Job?
Falinski : Zum einem ist es die Selbstständigkeit. Ich gehe durchs Gebiet, und die Aufgaben kommen irgendwie auf mich zu. Dann kann ich sie auch so erledigen, wie es sich für die Polizei gehört. Man muss sich immer fragen, warum spricht jemand, der ein Problem hat, einen Polizisten an? Er erwartet polizeiliches Handeln. Der Kontakt zu den vielen unterschiedlichen Menschen in St. Georg ist auch etwas Besonderes. Für mich persönlich ist das eine unheimliche Bereicherung zu sehen, was für verschiedene Menschen es in einem einzigen Stadtteil so gibt.
Was sehen Sie in Ihrem Job beinahe täglich?
Falinski : Menschen, die nicht wissen, wie sie mit ihren Problemen umgehen sollen und in der Folge obdachlos, suchtkrank oder gewalttätig werden. Das zieht sich durch alle Altersklassen, auch bei Kindern und Jugendlichen. Schon bei Kindern in der Grundschule ist das manchmal auffällig, wenn da einer zwei- oder dreimal die Woche auf dem Schulhof seine Mitschüler schlägt. Das sind häufig Kinder, die haben offensichtliche Probleme, und sie wissen nicht, wie sie damit umgehen sollen. Bei Erwachsenen ist das manchmal genauso. Sie sprechen nicht über ihre Probleme, wenden sich nicht an entsprechende Hilfseinrichtungen oder haben Hemmungen, sich Hilfe zu holen. In der Folge können sie obdachlos werden, oder sie greifen zu Alkohol und Drogen und rutschen ab in eine Sucht.
Was ist für Sie das Besondere an St. Georg?
Falinski : Die Vielfalt. Wahrscheinlich wäre es langweilig, in einem Wohngebiet als Bürgernaher Beamter zu arbeiten. In einem Wohngebiet, in dem alle um Punkt 16.30 Uhr nach Hause kommen, die Tür hinter sich zumachen und nicht wieder herauskommen. In St. Georg gibt es alle Menschen: arme, reiche, gesunde und kranke Menschen. Leute aus der politisch linken Ecke, der politisch rechten Ecke. Religiöse Menschen und solche mit verschiedenen sexuelle Orientierungen.
Wie würden Sie St. Georg in einem Satz beschreiben?
Falinski : St. Georg ist ein sehr bunter Stadtteil, in dem es alles gibt, was das Leben zu bieten hat.
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