Die Helfer im Hospiz Sinus haben Lenards Großmutter einen schönen Tod ermöglicht. Auch wenn dort viele Menschen sterben, ist die Stimmung gar nicht bedrückend.

Ich bin 15 Jahre alt und habe vor dem Tod meiner Großmutter noch nie einen toten Menschen gesehen. Meine Großmutter wohnte direkt neben uns. Bei ihr war immer etwas los, immer war jemand aus unserer großen Familie bei ihr. Sie hatte für jeden etwas zu essen und einen guten Rat. Sie war gern unter Menschen und hat sich um uns Enkel gekümmert. Auch ihre plötzliche Krebserkrankung hat sie nicht davon abgehalten. Sie selbst war immer sehr bescheiden. Als wir sie im Krankenhaus besucht haben, hat sie aufgezählt, was wir alles Besseres zu tun hätten, als sie zu besuchen. Vorher hat sie uns gebeten, zu lächeln. Doch das Ergebnis waren nur verzerrte Gesichter.

Wie kann man lächeln, während man seine Großmutter sterben sieht? Trotzdem habe ich immer versucht zu lächeln, wenn sie mich angesehen hat. Ihr letzter Wunsch war, in ein Hospiz gebracht zu werden. Bis dahin wusste ich nicht, was ein Hospiz ist, aber heute kann ich sie verstehen. Gleich als ich das Hospiz Sinus in Barmbek betrat, wurde ich freundlich aufgenommen. Auch wenn dort viele Menschen sterben, ist die Stimmung gar nicht bedrückend, es ist gemütlich eingerichtet und die Mitarbeiter sind gut gelaunt. Aber die Trauer wird dort auf keinen Fall ignoriert. Teilweise kamen wir mit 17 Leuten und uns wurde immer Kaffee und Essen angeboten. Sogar mein Großvater mit seinen 87 Jahren und Pflegestufe 2 konnte ohne Probleme dort übernachten. So konnte er die letzte Nacht mit seiner Frau verbringen.

Die Zeit im Hospiz kam mir trotz allem sehr lang vor, und um uns die Zeit zu vertreiben, sind mein Cousin und ich in einen Aufenthaltsraum gegangen. Nach einiger Zeit haben wir mit einigem Einsatz die Kastanien-Deko hin und her geworfen, als einer der Mitarbeiter des Hospizes hereinkam. Wir hörten natürlich sofort auf, aber der freundliche Mann sagte uns, dass wir weitermachen sollten. Fast tat es ihm leid, dass er uns gestört hatte.

Als meine Großmutter starb, waren wir nach der Rückfahrt gerade zu Hause angekommen. Deshalb weiß ich nur aus der Erzählung, dass sie einfach langsamer geatmet und dann schließlich ganz damit aufhört hat.

Als ich sie dort ganz ruhig liegen sah, hatte ich nicht das Gefühl, dass sie sich nicht bewegte. Tot, aber nicht leblos. Sie wurde schön angezogen, eine Kerze wurde für sie angezündet und das Fenster wurde geöffnet, damit ihre Seele entweichen konnte.

Wir alle sind dem Hospiz Sinus dankbar dafür, dass es unserer Großmutter einen schönen Tod ermöglicht hat.