Die 22-jährige britische Sängerin Adele und ihre famose Band entließen im ausverkauften Docks das Publikum glücklich und beseelt.

Hamburg. Man muss kein Modepüppchen sein, um Erfolg zu haben. Gossip-Sängerin Beth Ditto hat es vorgemacht, Adele folgt ihr nach. Als sie auf die Bühne des Docks kommt und auf einem Barhocker Platz nimmt, trägt sie ein Kleid, das an ein schwarzes Ein-Mann-Zelt erinnert. Doch Äußerlichkeiten und Haute Couture spielen keine Rolle, wenn die 22 Jahre alte Adele Laurie Blue Adkins eine Bühne betritt. Das Einzige, was zählt, ist ihre Stimme. Deshalb sind 1500 Zuhörer ins seit Wochen ausverkaufte Docks gekommen, deshalb versuchten etliche Fans, vor der Tür noch eine Karte zu ergattern. Adele ist das Gegenstück zu den aufgetakelten Popstars wie Lady Gaga, die mit überkandidelten Kostümen und sündhaft teurem Bühnendesign von der Dürftigkeit ihrer Musik ablenken müssen.

Adele hat Soul. "Blue-eyed soul" hieß das schon in den 60er-Jahren, als eine Blondine namens Dusty Springfield die Popwelt mit schwarz klingenden Songs überraschte. Adele, das rothaarige Mädchen aus Tottenham, steht in dieser Tradition, bei dem frühen Song "Chasing Pavements" ist die Referenz unüberhörbar. Bei der Ballade "One And Only" zeigt sie, dass sie den Blues in sich aufgesogen hat, obwohl sie mit den Spice Girls aufgewachsen ist.

Die alltäglichen Erfahrungen (nicht nur) junger Menschen, den Liebeskummer und die Sehnsucht, drückt sie in Gefühlen aus, die jeder kennt. Dazu bedarf es keiner großen Lyrik.

Bei Adeles Konzert stimmt alles: der Sound, die Band, die Dramaturgie. Fünf versierte Musiker und zwei Sängerinnen agieren mit ihr auf der Bühne und stellen sich ganz in ihren Dienst. Sie ist der dauerpräsente Mittelpunkt. Geschickt variiert sie Intensität und Tempo ihrer Songs. Bei "Set Fire To The Rain" und "Rumour Has It" darf die Band mit Tempo loslegen, und das Publikum tanzt, die Balladen singt sie meistens in Begleitung ihres Pianisten.

"Daydreamer" von ihrem Debüt "19" trägt sie solo vor und spielt dazu eine akustische Gitarre. Als Schlusspunkt setzt sie nach mitreißenden 75 Minuten ihren Hit "Rolling In The Deep" vom Nummer-1-Album "21". Mit erhobenen Armen klatschen die Fans den stampfenden Rhythmus mit, glücklich und beseelt, diese sympathische und natürliche Sängerin in einem Klubkonzert hautnah erlebt zu haben. Die Zeit der Klubkonzerte dürfte für sie angesichts 250 000 verkaufter Alben in Deutschland nämlich bald vorbei sein.