Berlin. Als Frontmann der US-Band Other Lives hat Jesse Tabish bereits geübt, mit Klängen zu malen. Für das erste Soloalbum erweitert er nun seine Palette - und erinnert damit an alte Soundtrack-Meister.

Über manche Alben heißt es ja, sie klängen wie der Soundtrack zu einem Film, der erst noch gedreht werden muss. Im Falle des Solodebüts von Jesse Tabish ist an dieser Floskel wirklich etwas dran.

Denn „Cowboy Ballads Part 1“ nimmt schon im Titel Bezug auf den epischen Western des US-Kinos. Und für die 14 Songs und Instrumentals wurde die Beschreibung „cineastisch“ geradezu erfunden.

Dass Tabish ein Faible für üppige Arrangements und Lieder mit großen Melodiebögen hat, konnte er bisher schon als Frontmann und kreativer Kopf von Other Lives beweisen. Diese vor fast 20 Jahren im US-Bundesstaat Oklahoma gegründete Band besetzt erfolgreich eine Nische zwischen Calexico, The National und Fleet Foxes. Komplett ausformuliert war ihr gediegener, harmonieseliger Folkrock auf den jüngsten Alben „Rituals“ (2015) und „For Their Love“ (2020).

Zusammen mit Ehefrau Kim - inzwischen selbst Mitglied von Other Lives - ist Jesse Tabish nun ein kompositorisch hervorragendes, homogenes Album geglückt, das sich an Soundtrack-Meistern wie Ennio Morricone oder Henry Mancini orientiert. Auch die Pandemie und damit verbunden die zeitweise Trennung von der Band hatten ihren Anteil an den melancholischen Cowboy-Balladen: „Ich war in der Stimmung, zuhause zu bleiben und einfach mit Klang zu malen“, zitiert ihn sein Label PIAS. „Wir waren frei zu forschen an diesem stillen Ort.“

Dass die Ergebnisse oft an die Musik von (Italo-)Western erinnern, ist kein Zufall - dafür hatte der Sänger mit der sonoren, angenehm dunklen Stimme „schon immer eine Affinität“. Die Tabishs schichten Bariton-Gitarre, Orgel, klackernde Percussion, Kastagnetten und Pauken, Streicher (aus dem Keyboard), Chöre und Mundharmonika zu einem schwelgerischen Sound, der im Kopf Cinemascope-Bilder von Wüsten, Felsen, Schluchten und einsamen Reitern erzeugt.

Besser kann man solche Klangmalereien kaum machen. Auf „Cowboy Ballads Part 2“ dürfen sich Indie-Folk-Fans also schon freuen.