London  -. In den 60er Jahren wurde Chris Andrews mit Songs wie „Yesterday Man“ oder „Pretty Belinda“ berühmt. Außerdem war der Brite, der heute in Deutschland lebt, als Songwriter für andere Künstler erfolgreich.

Eigentlich hatte Chris Andrews seinen bekanntesten Hit gar nicht für sich geschrieben. Aber weil Popstar Sandie Shaw das Lied ablehnte, sang er „Yesterday Man“ selbst und erzielte damit einen Welterfolg.

In seiner Heimat landete der Brite auf Platz 3 der Hitparade, in Irland, Deutschland, Österreich, Südafrika und sogar Neuseeland schaffte es „Yesterday Man“ an die Spitze der Charts.

Andrews, der am Samstag (15.10.) seinen 80. Geburtstag feiert, singt den launigen Song über eine verflossene Liebe bis heute regelmäßig. Denn obwohl er schon vor einiger Zeit kürzer treten wollte, steht er weiter häufig auf der Bühne. „Ich wollte eigentlich in Rente gehen, aber das schaffe ich nicht“, sagt Andrews im Telefon-Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in London.

Bis in die 2000er Jahre wohnte er in der britischen Hauptstadt. Heute lebt Andrews, der seit 2016 neben der britischen die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, in zweiter Ehe mit seiner deutschen Frau Alexandra im nordrhein-westfälischen Selm-Ternsche. Dort will er am Samstag mit rund 40 Gästen feiern. Etwas Besonderes sei die 80 nicht, betont Andrews. „Das ist nur wieder ein runder Geburstag. Man fühlt sich noch wie mit 79.“ Wie es ihm geht? „Alles paletti“, sagt er mit seinem sympathischen englischen Akzent.

Er geht wieder auf Tour

In nächster Zeit sind Auftritte in Deutschland, Belgien, Holland, Portugal und eine kleine Tournee in Kroatien geplant. Im November singt er in einer TV-Show mit Andy Borg ein Duett. „Es geht immer weiter“, sagt Andrews. Dabei sind Konzertreisen für ihn eine Strapaze. Weil er nicht gern fliegt, ist er meistens im Auto unterwegs. „Immer die Autobahn, eine Baustelle nach der anderen, das macht einen fertig.“ Doch die Leidenschaft für die Bühne überwiegt.

Seine erste Band gründete der 1942 im englischen Romford im Osten Londons geborene Christopher Frederick Andrews schon als Teenager. Mit 17 hatte er seinen ersten Fernsehauftritt in der britischen Sendung „Oh Boy!“. Die ersten Tonaufnahmen brachten aber noch nicht den gewünschten Erfolg. Sein künstlerischer Durchbruch gelang Chris Andrews als Songwriter für Adam Faith („The First Time“).

Für Popstar Sandie Shaw schrieb er zahlreiche Top-Ten-Hits, darunter „Girl Don't Come“, „Long Live Love“ und „Message Understood“. Aber „Yesterday Man“, das damals nur eine Melodie ohne Titel und ohne Text war, gefiel der Sängerin nicht. „Es hat einfach nicht gepasst für Sandie“, erinnert sich Andrews. „Sie hat gesagt: "Das ist nicht mein Stil."“ Die Absage erwies sich als Glücksfall für den Songwriter.

Der damalige Rolling-Stones-Manager Loog Oldham und Stones-Bassist Bill Wyman, mit dem Andrews bis heute befreundet ist, rieten ihm, das Lied selbst aufzunehmen. Eigentlich hatte er es nur als B-Seite vorgesehen. „Aber alle haben zu mir gesagt, "Yesterday Man" ist der Hit“. Sie hatten Recht. 1965 erschien die Single und machte den Songwriter Chris Andrews endlich auch als Sänger berühmt.

Er hatte in Deutschland eine treue Fangemeinde

„Auf einmal stand ich im Rampenlicht mit meinem eigenen Song und meiner eigenen Stimme, das war ein ganz anderes Gefühl und eine ganz andere Welt“, erinnert sich Andrews. „Da singt man auf einmal auf der ganzen Welt und tritt in Fernsehshows auf - schöne Erinnerungen.“ Es folgten weitere Singles. „To Whom It Concerns“ erreichte Platz 3 der deutschen Hitparade. Und mit „Pretty Belinda“ gelang Andrews 1969 ein weiterer Riesenhit, der zum Evergreen wurde.

Besonders in Deutschland gewann der Brite eine treue Fangemeinde für sich. Er war gerngesehener Gast in deutschen TV-Shows wie der „ZDF-Hitparade“ oder Ilja Richters „Disco“. Einige seiner Lieder veröffentlichte Andrews auch in deutscher Sprache, darunter „Brown Eyes“ unter dem Titel „Braune Augen schau'n mich an“ oder „Lazy Days“ - mit völlig verändertem Inhalt - als „Ein Mädchen mit Herz“. Heute spricht er fließend Deutsch, damals nur ein bisschen. „Dann hab ich mir "Fix und Foxi"-Comics gekauft und damit ein bisschen Deutsch gelernt“, erzählt Andrews und lacht.

1973 trat er in der mit Schlagern gespickten Verwechslungskomödie „Blau blüht der Enzian“ mit Ilja Richter, Jutta Speidel, Heino und Hansi Kraus auf und sang auf Deutsch „Sugar Daddy“. „Das hat echt Spaß gemacht, obwohl es arschkalt war“, sagt Andrews amüsiert. „Unglaublich, dass sich daran noch jemand erinnert.“

In späteren Jahren konzentrierte er sich hauptsächlich auf das Schreiben von Songs. Von ihm gesungene Lieder brachte er ab den 1990er Jahren - von ein paar Neuauflagen und Kooperationen abgesehen - nur noch selten heraus. Seine Alben waren in den letzten Jahren überwiegend Zusammenstellungen seiner großen Erfolge und trugen Titel wie „The Hit Collection“, „Meine schönsten Hits“ oder „Fifty Fifty – 50 Years on Stage“.

In seiner langen Karriere schrieb er Songs für Cher, Abba-Sängerin Agnetha Fältskog, Suzi Quatro und The Mamas And The Papas. Und wenn man ihn heute fragt, ob er sich zuerst als Songwriter oder als Sänger sieht, zögert Chris Andrews nicht lange. „Ich bin Singer-Songwriter, aber in erster Linie bin ich Komponist“, stellt er klar. „Dafür schlägt mein Herz.“