Berlin. Man übertreibt wohl nicht, wenn man Lloyd Cole, Fran Healy (Travis) und Peter Milton Walsh (The Apartments) zu den herausragenden Vertretern einer britisch geprägten Songwriter-Schule zählt.

Wiederveröffentlichungen von älteren Alben sind nicht immer zwingend - im Falle von Lloyd Coles "Antidepressant", dem Debüt der schottischen Band Travis und einem Meisterwerk der australischen Apartments dürften sich viele Fans anspruchsvollen Indiepops aber freuen.

Der vor 37 Jahren mit dem epochalen Debüt "Rattlesnakes" schlagartig berühmt gewordene Brite LLOYD COLE hat auch danach (und bis heute regelmäßig) feine Studioplatten veröffentlicht. Eine davon war vor 15 Jahren "Antidepressant" mit einigen seiner schönsten, zwischen Melancholie und Verspieltheit funkelnden Liedern. Die Wiederveröffentlichung mit einem lohnenden, zuvor unveröffentlichten Bonus-Track ("Coattails") soll der Start in eine neue Re-Issue-Serie dieses wunderbaren Singer-Songwriters sein.

Das ursprünglich im September 2006 erschienene Album ist nun über earMUSIC erstmals auf Vinyl verfügbar, sowohl Schallplatte als auch CD enthalten "Coattails" quasi als Zugabe. Zwischen dem reduzierten "Music In A Foreign Language" (2003) und dem prächtigen Country-Pop von "Broken Record" (2010) ordnet sich "Antidepressant" als Bindeglied in Coles Nuller-Jahren ein, in denen er kein Star mehr war, aber immer noch ein Kritikerliebling.

"Auf dem Album ist kein einziger Song, den ich bereue, und 'The Young Idealists', 'Woman In A Bar' und 'Rolodex Incident' stehen Schulter an Schulter mit meinem besten Material", sagt der im Januar 60 Jahre alt gewordene Musiker.

Die Zeit ihrer Nummer-eins-Alben lag noch ein ganzes Stück in der Zukunft, als die Band TRAVIS aus Glasgow im September 1997 ein Debüt mit dem passenden Titel "Good Feeling" herausbrachte. Denn ein "gutes Gefühl" konnte man schon bei diesen noch etwas raueren, rockigeren Songs inklusive einiger toller Singles haben. Das Werk wird nun über Craft Recordings/Universal zum ersten Mal im Originalformat auf 12-Track-Vinyl veröffentlicht.

"Good Feeling" wurde seinerzeit vom Top-Produzenten Steve Lillywhite (U2, The Rolling Stones, Morrissey, Peter Gabriel) betreut. Der Song "More Than Us" erreichte im Frühjahr 1998 die Top 20, das Album der schottischen Newcomer um Frontmann und Songschreiber Fran Healy landete auf Platz 9 der UK-Albumcharts. Der Weg war damit geebnet für die Gitarrenpop-Klassiker "The Man Who" (1999) und "The Invisible Band" (2001) - beide erreichten die Chartsspitze. Bis heute - "10 Songs" erschien gerade erst 2020 - sind Travis vor allem im heimischen Großbritannien sehr erfolgreich.

Diese Band war zwar nicht britisch, sondern stammte aus Brisbane und Sydney in Australien - recht nah am melancholischen britischen Gitarrenpop-Sound der 1980er Jahre bewegten sich THE APARTMENTS gleichwohl. Ihr drittes Album "A Life Full Of Farewells" wurde 1995 veröffentlicht, zwei Jahre nach dem Indie-Juwel "Drift".

Die zarten, oft von einer Trompete durchwehten Balladen zeigten erneut das große Talent von Sänger und Songwriter Peter Milton Walsh. Dieser war nach England gezogen, als The Apartments vom legendären englischen Plattenlabel Rough Trade unter Vertrag genommen wurden - auch dies mag die britischen Einflüsse seiner Musik erklären.

Grant McLennan von den Down-Under-Landsleuten The Go-Betweens sagte über die unterschiedlichen Persönlichkeiten: "Walsh ist Nacht, wir sind Tag. Wir sind Sonne, er ist der Regen." Oft klingen die Apartments-Stücke tatsächlich so schwermütig und verschattet, dass sie zu heiteren Tagen eher nicht passen.

"A Life Full Of Farewells" enthielt also bereits den Trademark-Sound, den Walsh bis zu den neuen Werken "No Song, No Spell, No Madrigal" (2015) sowie "In And Out Of The Light" (2020) kultiviert hat. Das Schlüsselwerk des australischen Indiepops britischer Prägung erscheint als Re-Issue auf CD, Vinyl und digital über Talitres/Rough Trade.

© dpa-infocom, dpa:210403-99-75364/3