Die eigensinnige Geigenvirtuosin Hilary Hahn gastiert mit dem Dallas Symphony Orchestra in der Laeiszhalle und spielt Korngolds Violinkonzert.

Als Peter Gabriel in den späten 70er-Jahren auf den verwegenen Gedanken kam, seine Lieder auch in fremden Sprachen zu singen, zum Beispiel auf Deutsch, bescheinigte ihm seine Plattenfirma, das sei "kommerzieller Selbstmord". Dieser hübsche Begriff für Veröffentlichungspläne eines künstlerisch eigensinnigen Charakters kommt einem in den Sinn, wenn man sich Hilary Hahns jüngere Plattenaufnahmen ansieht. Die vier Violinsonaten von John Cage mit der Pianistin Valentina Lisitsa und ein Album mit teilimprovisierter Musik an der Seite des Düsseldorfer Klavier-Avantgardisten Hauschka ("Silfra") - das ist nicht gerade das Kernrepertoire, zu dem die dahinschmelzende Käuferschicht von Klassikplatten froh griffe. Aber weil Hilary Hahn offenbar tun muss, was sie tut, lässt die Plattenfirma sie gewähren. Und das ist gut so.

Wenn die seit ihren Wunderkindtagen überall gefeierte Violinvirtuosin mit dem raschen Verstand am Dienstag wieder einmal in Hamburg Station macht, so doch nicht mit einem ihrer eigenwilligen Nischenprogramme, sondern mit einem Leckerbissen für den Klassikkulinariker: Erich Korngolds Violinkonzert, das wie das Beethovens in D-Dur steht. Das Werk entstand 1945, als Korngold, 1897 in Brünn geboren und seinerseits ein Wunderkind, schon seit zwei Jahren amerikanischer Staatsbürger war. Er lebte in und arbeitete für Hollywood - seine Filmmusik zu "Die Abenteuer des Robin Hood" (1938) wurde mit einem Oscar belohnt.

Suggestiv filmmusikalisch ist auch Korngolds Violinkonzert. Das Orchester macht dem Soloinstrument kaum je die Vorherrschaft in der Klangrede streitig. Von den Zerrissenheiten des 20. Jahrhunderts ist im ersten Satz wenig, im zweiten umso mehr zu spüren. Die Musik schwingt im Grundton der Trauer, des Verlusts, und dass sie dies in einer Sprache tut, die manchen nicht nur sich ans Herz, sondern nach dem Taschentuch greifen lässt, sollte man ihr nicht als Schwäche auslegen. Der dritte Satz ist ein im Temperament kaum zu bändigendes Funkelwerk, gerade richtig für eine grandiose Geigerin.

Auf YouTube kann man Hilary Hahn das Konzert spielen sehen - mit der ihr eigenen Klarheit, souverän, sorgfältig das Sentiment gegen die lauernde Gefahr des Kitsches verteidigend, also mit nüchternem Schmelz. Und mit einer inhärenten Lust an der Erweiterung des Klangs in die Bewegung, in den Tanz. Hilary Hahn hat nämlich keine Skrupel, zu Bachs Violinkonzerten zu tanzen; warum sollte sie dies nicht auch zu Korngolds an Emotionen und Stimmungen so reichem Konzert tun?

Für den zweiten Teil des Abends hat das Orchester, das unter der Leitung seines Chefdirigenten Jaap van Zweden spielt, Mahlers Sinfonie Nr. 6 aufs Programm gesetzt.

Dallas Symphony Orchestra & Hilary Hahn, Di 19.3., 19.30 Laeiszhalle (U Gänsemarkt) Johannes-Brahms-Platz, Tickets zu 20,- bis 129,- unter T. 35 76 66 66