Aus Kanada nach Nashville, auch dem Wetter wegen - Lindi Ortega verbindet Country und Blues, „Cigarettes & Truckstops“, Cowboys und Liebeslieder.

Langes lockiges Haar, kussroter Mund, weiter Glockenrock über Stiefeln mit kurzem Schaft - in ihrem Video zu "The Day You Die" stolziert Lindi Ortega durch ein amerikanisches Kuhdorf und zieht die Blicke jedes Cowboys auf sich. Dazu singt sie ein schnelles, optimistisches Liebeslied, das mit den einprägsamen Zeilen beginnt: "You said you'd love me' til the cows comes home / Well I'm hoping that they all go blind" ("Du sagtest, du würdest mich so lange lieben, bis die Kühe heimkommen, ich hoffe, sie werden alle blind"). In dieser Nummer wirft sie sich den Männern an den Hals, doch dieser Übermut das ist nur eine Facette in den neuen Songs ihres Albums "Cigarettes & Truckstops".

Die Kanadierin, Tochter eines mexikanischen Vaters und einer nordirischen Mutter, singt über Einsamkeit ("Heaven Has No Vacancy") und quälende Schuld ("Murder Of Crows"), hat aber auch ein paar romantische Balladen im Repertoire. Mit dem Albumtitel assoziiert man schnurgerade Highways und abgelegene Raststätten in der Einöde des Mittleren Westens, nur dazu da, Benzin in die Tanks zu füllen und sich Zigaretten für die nächsten paar hundert Meilen zu besorgen. Nach dem Vorgängeralbum "Little Red Boots" hat Lindi Ortega ihr Songschreiben weiter verfeinert und auch den Blues für sich entdeckt. "Erst nachdem ich eine Hank-Williams-Biografie gelesen habe, ist mir klar geworden, wie sehr früher Country seine Wurzeln im Blues hat", erzählt sie.

Ihre Heimatstadt Toronto hat die junge Sängerin und Gitarristin inzwischen verlassen. Ein neues Domizil hat sie in Nashville (Tennessee) gefunden, der traditionellen Hochburg des Country & Western. Dort hat sie auch "Cigarettes & Truckstops" aufgenommen.

Produzent war ihr kanadischer Landsmann Colin Linden, der schon für Bruce Cockburn und The Band gearbeitet hat, ein fantastischer Dobro-Spieler ist und zufälligerweise auch in Nashville lebt. "Colin ist ebenfalls sehr vom Blues beeinflusst und weiß viel über die Historie. Da war es schon cool, all das in die Platte mit einzubringen", sagt sie. Überhaupt sei sie vom Süden der USA sehr fasziniert. Hitze und Sonne passen auch besser zu ihren Songs als das oft sehr launische kanadische Wetter, wo die Winter gern mal sechs Monate und länger dauern.

Nicht nur die Songs von Lindi Ortega sind ausgefeilter geworden, auch auf der Bühne hat sie eine Menge Erfahrung gesammelt, weil sie mit sehr unterschiedlichen Musikern auf Tour war. Der Schauspieler und Cowboy-Darsteller Kevin Costner und der Country-Star Dierks Bentley passen perfekt, aber Ortega trat auch im Vorprogramm der Punk-Band Social Distortion auf. So manche sexistische Bemerkung wurde vom überwiegend männlichen Publikum in Richtung Bühne gerufen, aber damit geht sie souverän um. Dann haut sie einfach ein bisschen härter in die Gitarre und jeder hört ihr zu.

Lindi Ortega Do 14.3., 20.00, Prinzenbar (U St. Pauli), Kastanienallee 20, Eintritt 20,- (Ak.); www.lindiortega.ca