Die Berliner Sängerin Lisa Bassenge stellt am Donnerstag ihr bereits siebtes Album „Wolke 8“ vor - zwischen Jazz und Chanson.

Hamburg. Als Lisa Bassenge vor zwei Jahren ihr Album "Nur fort" herausbrachte, ging es um Bewegung und Aufbruch und um den Versuch, auf Wolke 7 zu fliegen. Darauf waren Lieder wie "Über Eis" und Sven Regeners "Seit der Himmel" mit einem zwar leicht melancholischen Touch, aber einem unbedingten Liebesgefühl. Doch die Verliebtheit hat sich etwas gelegt. Jetzt ist die Berliner Sängerin auf "Wolke 8" hinübergeklettert. Sie ist angekommen, aus Verliebtheit ist Liebe geworden. "Das hier wird für immer sein", heißt die Ballade, in der das titelgebende "Wolke 8" auftaucht. Ob diese Liebe für die Ewigkeit hält, zweifelt die Sängerin an, da ist sie Realistin genug: "Ich hoffe, du bleibst an meiner Seite", singt sie mit ihrem dunklen Timbre. Ewige Liebe gibt es nur im Heile-Welt-Schlager, aber von dem ist Bassenge eine Milchstraße weit entfernt.

Sie ist "the jazz voice of Berlin", ihre neue Platte basiert auf Jazz, enthält aber auch viele Elemente des Chansons. Auf zwei Nummern bewältigt sie in aberwitzigem Tempo so viel Text, dass es jedem Rapper zur Ehre gereichen würde. Mit "Lass die Schweinehunde heulen" beginnt "Wolke 8". Es ist eine swingende Nummer zwischen Lebensfreude, Exzess und Absturz. Diese Ambivalenz drückt sich in Versen aus wie: "Lass die Nase richtig bluten / Torkle durch den Morgennebel / Leg dich einfach auf die Straße / Und du weißt, du bist am Leben." Wenn Lisa Bassenge mit ihrer Band am 7. März in der Fabrik spielt, wird dieser Song in jedem Fall zum Repertoire gehören, weil er viel von der Energie rüberbringt, die dieses kleine Ensemble auszeichnet.

Wichtigster musikalischer Partner von Bassenge ist ihr Bassist Paul Kleber. Er war derjenige, der den Anstoß für "Wolke 8" gegeben hat. "Nach der langen Tour mit ,Nur fort' haben wir zwischendurch noch eine Platte mit unserer Electro-Band Micatone herausgebracht. Und dann rief Paul an und sagte: ,Komm, wir fangen mit neuen Songs an.' Das war vor einem Dreivierteljahr der Startschuss", erzählt Lisa Bassenge. Durch diese Veröffentlichungen unter ihrem Namen hat sich Bassenges drittes Projekt Nylon erledigt, bei dem sie Chansons auf Deutsch sang. Mit "Ein Tag, den du magst" hat jetzt ein älterer Nylon-Song den Weg auf "Wolke 8" gefunden.

Die wichtigste Personalie bei "Wolke 8" ist jedoch ein Co-Autor, mit dem Lisa Bassenge zum ersten Mal zusammengearbeitet hat. Der Schriftsteller Thomas Melle, dessen Debütroman "Sickster" von den Feuilletons hoch gelobt wurde, hat acht der elf Songs gemeinsam mit Bassenge getextet. Kennengelernt haben die beiden sich bei ihrem Hamburger Konzert vor zwei Jahren. Man war sich sympathisch, entdeckte einen gemeinsamen Humor und hockte sich dann in Berlin so manchen Tag hin, um zu texten.

Die Grundstimmung ist optimistisch, aber Lisa Bassenge misstraut dem Glück

Den Spaß, den die beiden bei der Arbeit an diesem Album hatten, lässt sich an "Van Gogh" ablesen, einer gnadenlosen und wortwitzigen Abrechnung mit einem Mann. "Jeder hat in einem Zimmer gesessen und drauflosgeschrieben, und dann haben wir diese Ideen in einen Song gepackt", erzählt Bassenge. Das Ergebnis klingt so: "Wär ich Kanzler, bräuchtest du Asyl / Wär ich New York, dann wärst du Brühl / Wär ich Bademeister, lägst du am Grund / Wärst du ein Kuss, wär ich kein Mund". Acht Strophen haben Bassenge und Melle für "Van Gogh" gedichtet, eine lustiger als die andere. Der Songtitel bezieht sich auf die Zeile: "Wär ich Van Gogh, wärst du das Ohr."

Die Grundstimmung von "Wolke 8" ist optimistisch, aber Lisa Bassenge misstraut dem Glück. "Nach dem Glück" heißt ein Chanson, das in seiner Art an Hildegard Knef erinnert. "Glück empfinde ich nur in seltenen Momenten. Dann überflutet es mich. Aber dazwischen liegen immer lange Durststrecken. Mit Wünschen und Träumen kann ich mich nicht so ausführlich beschäftigen, weil ich versuchen muss von Tag zu Tag durchzukommen", sagt die alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern im Alter von neun und sechs Jahren. Tourneen wie die seit einigen Tagen laufende bedeuten für Lisa Bassenge mehr, als nur einen Koffer zu packen und dann mit dem Tourbus durch die Lande zu gondeln. Aber es macht ihr Spaß, auf einer Bühne zu stehen.

Ein wenig Vagabundentum steckt auch in der 38-Jährigen. Vielleicht ist sie doch noch nicht so ganz auf Wolke 8 angekommen und sehnt sich manchmal auf Wolke 7 zurück. Ihr Album endet mit einer Coverversion von Willy Berking, einem Komponisten und Leiter des Tanzorchesters des Hessischen Rundfunks. Mit dem "Vagabundenlied" hatte Gerhard Wendland 1953 einen Hit, 60 Jahre später holt Lisa Bassenge die Nummer aus der Kiste. Das Thema knüpft an die Songs von "Nur fort" an, aber es benennt auch das Glück: "Und das Glück, das läuft mir immer hinterher / Auf und ab, kreuz und quer", heißt es im Text. Wendlands Interpretation war eine Schnulze, Bassenge macht aus dem "Vagabundenlied" eine packende Jazzballade. Heile Welt klingt anders, bei ihr bekommt jedes Lied Tiefe.

Lisa Bassenge Do 7.3., 21.00, Fabrik (S Altona), Barnerstr. 36, Eintritt: 20,60; www.lisa-bassenge.de