Kulturtipps der Woche

Wo Paul Panzer in Hamburg die „Midlife Crisis“ auslebt

| Lesedauer: 8 Minuten
Annette Stiekele und Thomas Andre
Paul Panzer hat die Midlife Crisis“ in der Barclays Arena.

Paul Panzer hat die Midlife Crisis“ in der Barclays Arena.

Foto: Tim Wegner

Eine Musiklegende, ein Büchnerpreis-Träger und vieles mehr – Hamburgs beste Termine, für die es jetzt noch Karten gibt.

Hamburg.  Endlichkeit ist in der kommenden Woche ein gewaltiges Thema in der Literatur und in der Musik. Aber die Kunst wendet sich auch dem Leben zu, mit erlebnishungrigem Hip-Hop, der hohen Schule der Grafik und einer launige Anleitung, die Midlife Crisis zu überstehen. Und das ist nur eine Auswahl. Es gibt viel zu erleben in Hamburg.

VORTRAG

Mit dem Instituto Cervantes, dem Institut Francais, dem Istituto Italiano, dem Goethe-Institut und dem Hamburger Institut für Sozialforschung haben sich gleich mehrere Kulturinstitutionen zusammengetan, um die Veranstaltungsreihe „Das Krisenjahr 1923 und der Faschismus in Europa“ aufzulegen. Die Reihe beschäftigt sich mit den faschistischen Bewegungen in Deutschland, Italien, Spanien und Frankreich vor 100 Jahren. Zum Auftakt sprechen die Historikerin Anna Catharina Hofmann und der Historiker Philipp Müller über das Thema „Auf dem Weg in eine autoritäre Moderne. Die Militärdiktatur von Miguel Primo de Rivera in europäischer Perspektive“.
„Das Krisenjahr 1923 und der Faschismus in Europa“
Auftakt Mo 22.5., 19.00, Instituto Cervantes Hamburg (U Meßberg), Fischertwiete 1, Eintritt frei; www.hamburgo.cervantes.es

LESUNG

„Der Witz am Tod ist ja: Er ist unvermeidlich. Wir alle werden sterben. Und wir werden trauern, denn wir alle lieben. Keine Liebe ohne Trauer“ schreiben Caroline Kraft und Susann Brückner in ihrem Buch „Endlich. Über Trauer reden“. Ein erfrischend offenherziger und unerwartet tröstlicher Bericht aus der Welt des Verlusts. Die Autorinnen betreiben einen Podcast und haben auch für ihr Buch viel Lob erhalten. Co-Autorin Carolin Kraft wird das Buch nun in Hamburg vorstellen – im Rahmen der Ausstellung „Dialog mit dem Ende“.
Endlich“
Lesung, Di 23.5., 19.00, Levantehaus, Galerieraum (U Mönckebergstraße), Mönckebergstraße 7, Eintritt frei

LESUNG

Clemens J. Setz hat mit „Monde vor der Landung“ seinen bisher sicher zugänglichsten Roman geschrieben. Der Büchnerpreis-Träger erzählt in dem historischen Roman die spannende Geschichte des ehemaligen Fliegerleutnants Peter Bender, der Anfang der 1920er-Jahre in Worms eine Sekte gründet, die seiner Hohlwelt-Theorie anhängt. Bender ist eine manischer Denker mit beinah autistischen Zügen. Aber auch er nimmt wahr, wie sich ein Jahrzehnt später die Nazis in seinem Land breit machen. Wie auch nicht: Seine Frau ist Jüdin. Setz’ Roman ist auch eine bestürzende Beschreibung einer Welt, in der das Nazi-Gift einsickert. Im Literaturhaus stellt der Österreicher nun sein Buch vor.
Clemens J. Setz liest
Di 23.5., 19.30, Literaturhaus (U Mundsburg, Bus 6), Schwanenwik 38, Tickets 12/8/6,-

KONZERT

Der Musiker Mick Harvey ist vor allem als langjähriges Mitglied der Nick-Cave-Band „Bad Seeds“ und durch seine Zusammenarbeit mit der Indie-Musikerin PJ Harvey bekannt. Nun hat er sich mit der mexikanischen Filmemacherin und Musikerin Amanda Acevedo zusammengetan. Erst im September erscheint das gemeinsame Album „Phantasmorgia in Blue“. Doch schon jetzt stellen Harvey und Acevedo ihre in schwülem Blues arrangierten Cover-Songs unter dem Titel „The Invisible Blue Unicorns – a musical phantasmorgia” gemeinsam mit großer Band auf Kampnagel vor.
Mick Harvey/Amanda Acevedo: „The Invisible Blue Unicorns – a musical phantasmorgia”
Di 23.5., 20.00, Kampnagel (Bus 172), Jarrestraße 20-24, Karten zu 25,- unter T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de

KINO

Als Vorbote für das Beatles-Festival (30. Juni und 1. Juli) präsentiert das Zeise-Kino am 25. Mai um 19.30 Uhr die Doku „The Beatles: Get back“. 140 Stunden unbekannte Tonaufnahmen und 55 Stunden unveröffentlichtes Begleitmaterial des „Let it be“- Albums hat Regisseur Peter Jackson neu zusammengeschnitten. Wie sind die ikonischen Songs „Don’t let me down“ und „Let it be“ entstanden? Wie sah das legendäre Rooftop-Konzert auf dem Dach ihres Hauptquartiers in London 1969 aus? Der Film gibt Antworten und offenbart einmal mehr das künstlerische Vermächtnis der Band.
„The Beatles: Get back“
Do 25.05., 19.30, Zeise-Kino (Bus/S-Hamburg Altona), Friedensallee 7-9, Karten zu 11,-; www.zeisekinos.de

KINO

Dokumentationen erobern die Filmfestspiele und heimsen auch Preise ein. Die Regisseurin Laura Poitras hat gemeinsam mit der US-Fotografin Nan Goldin unter dem Titel „All the Beauty and the Bloodshed“ eine verstörende Abrechnung mit der Pharma-Industrie gefilmt. Die Dokumentation erzählt die bewegte Geschichte der New Yorker Fotokünstlerin Nan Goldin, die in ihrer Kunst auch weniger glamouröse Seiten von Subkulturen beleuchtete. Gleichzeitig zeigt sie den Aktivismus der einst selbst schmerzmittelabhängigen Fotografin gegen die Pharmadynastie Sackler, die das Medikament Oxycodon vertrieb und damit als mitverantwortlich für die Opioidkrise in den USA gilt. Der Film gewann den Goldenen Löwen der Internationalen Filmfestspiele von Venedig 2022 und läuft am 25. Mai unter anderem im Abaton-Kino an.
„All the Beauty and the Bloodshed”
(OmU) Filmstart 25.5., 19.30, u.a. Abaton-Kino, Allendeplatz 3/Ecke Grindelhof, Karten unter T. 41 320 320; www.abaton.de

KONZERT

Haiyti hat als in Hamburg aufgewachsene Rapperin schon früh die Stimmung der Stadtteile Langenhorn und St. Pauli aufgesogen und in derbe Reime und Beats gepresst. War sie lange Zeit dem Gangsta-Rap zugetan, hat sie sich zuletzt experimentelleren Formen und Trap-Einflüssen zugewandt. Mittlerweile hat die beängstigend produktive Sängerin mit „Speed Up Vol. 1“ bereits ihr neuntes Album herausgebracht, das sie am 25. Mai im Uebel & Gefährlich präsentiert. Darauf erzählt sie mal singend, mal krächzend, mal kieksend von abgründigen Gefühlswelten ebenso wie von glamourösen Partys, Sehnsüchten aber auch Ängsten einer jungen Generation.
Haiyti
Do 25.5., 21.00, Uebel & Gefährlich (U Feldstraße), Feldstraße 66, Karten zu 28,50 im Vvk.; www.uebelundgefaehrlich.com

KUNST

Den Namen des Grafikers Werner Nöfer kennt wahrscheinlich nicht jeder, das große Wandbild, das er 1968 gemeinsam mit Dieter Glasmacher an der Häuserfront des Grünspan-Clubs auf St. Pauli hinterlassen hat, dagegen schon. Da Höfer meist großformatig im öffentlichen Raum gearbeitet hat, zeigt die Hamburger Kunsthalle nun anlässlich des Hamburger Architektur Sommers 2023 in der Schau „Periskopisch! Werner Nöfers Graphik zwischen Pop und Agitation“ 40 graphische Arbeiten und Siebdrucke, des Künstlers, die ihm als Vorlagen dienten, ergänzt um Skizzenbücher, Buchcover und Entwürfe.
„Periskopisch! Werner Nöfers Graphik zwischen Pop und Agitation“
Eröffnung Do 25.5., 19.00, Laufzeit bis 24.9., Di-So 10 bis 18.00, Do 10.00 bis 21.00, Hamburger Kunsthalle (U/S Hbf.), Glockengießerwall 5, Eintritt 16,-/erm. 5,-; www.hamburger-kunsthalle.de

COMEDY

Seine Kinder sind inzwischen erwachsen, und während Frau und Hund tagsüber mal aus dem Haus sind, hat Comedian Paul Panzer viel Zeit, um über das Leben nachzudenken: Die wichtigen Dinge sind getan, aber was kommt jetzt? Was hält die „goldene Mitte“ für ihn bereit? In seinem neuen Programm „Midlife Crisis … willkommen auf der dunklen Seite“ erzählt er humoristisch, wie er den Beginn der zweiten Hälfte des Lebens erlebt. Am Freitagabend um 20 Uhr spielt er in der Barcalys Arena sein neues Programm.
Paul Panzer: „Midlife Crisis...willkommen auf der dunklen Seite“
Fr 26.05., 20.00, Barclays Arena (S-Stellingen+ Bus 380), Sylversterallee 10, Karten ab 43,70; www.barclays-arena.de

KUNST

Eigentlich ist der Künstler Björn Holzweg vor allem für Natur- und Tierdarstellungen bekannt. Zuletzt hat er sein Interesse eher auf die urbane Wildnis gelegt. Ergebnis ist nun die Ausstellung „mobilitas“ in der Affenfaust Galerie. Seine Arbeiten, Ansichten von Hochhauswelten, Tankstellen und Autobahnen werden stets von einer geisterhaft erscheinenden Farbfigur durchkreuzt und offenbaren einen harten Kontrast zwischen Natur und Technik, aber sie sind auch von eigenwilliger Schönheit und Poesie.
Björn Holzweg: „mobilitas“
Eröffnung Fr 26.5., 19.00 bis 23.00, Laufzeit bis 17.6., Mi, Do und Sa 14.00 bis 18.00, Affenfaust Galerie (S Reeperbahn), Paul-Roosen-Straße 43, Eintritt frei; www.affenfaustgalerie.de

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