Hamburg. 1985 war Coline Serreaus Komödie „Drei Männer und ein Baby“ ein großer Kino-Erfolg, zwei Jahre später folgte ein ebenso erfolgreiches Kino-Remake. Darin geht es um ein Junggesellen-Trio, das vor seiner Haustür ein Körbchen mit einem Baby findet. Einer der drei ist der leibliche Vater, der nichts von seinem Nachwuchs weiß, die anderen beiden versuchen sich als Ersatzväter, die Männer-WG versinkt im Windel-Chaos.
Funktioniert so ein Lustspiel über Geschlechterrollen heute noch? Wenn man sich Christian Breys Inszenierung der Bühnenadaption an der Komödie Winterhuder Fährhaus ansieht, ist die klare Antwort: Nein.
Komödie Winterhuder Fährhaus – Junggesellen-Trio schafft keine Komik
Michel (Mathias Herrmann), Pierre (Heio von Stetten) und Jacques (Boris Valentin Jacoby) stellen ihre Unfähigkeit, die kleine Marie zu windeln und zu füttern, so übertrieben zur Schau, dass daraus leider keine Komik entsteht.
Auch 1985 gab es schon moderne Väter und 2023 erst recht, denn immer mehr Männer sind am Wickeltisch und im Umgang mit Fläschchen genauso versiert wie ihre Partnerinnen. Die Komödie geriert sich mit dem inflationären Einsatz französischer Popsongs als besonders französisch.
Problematisch ist jedoch das Frauenbild: „Weiber sind Teufelsbrut“ heißt es da, Frauen sind „Miezen“ und nur dazu da, den drei Junggesellen als Sexobjekte zu dienen, die nach einer Nacht wieder in die Pilze geschickt werden. Till Lindemann lässt grüßen.
Problematisches Frauenbild – Till Lindemann lässt grüßen
Das Verhalten dieser von sich selbst eingenommenen Kerle ist in hohem Maße respektlos und ihre flapsigen Bemerkungen sind seit der 2016 laufenden #MeToo-Debatte alles andere als komisch. Ein Baby als „Milchmade“ zu titulieren, ist ebenfalls ein sprachlicher Rohrkrepierer.
Zwar gibt es ein paar lustige Gags wie das Windelwechseln mit Gartenhandschuhen, doch Breys Inszenierung fehlt es an subtilem Humor. Seine Darsteller sind zur Hektik gezwungen, um Tempo zu machen. Da lässt sich nicht mehr erkennen, welche schauspielerischen Fähigkeiten in ihnen stecken.
- Was sollte das alles? Ein Liederabend mit zu viel Beiwerk
- Überwältigend- Serebrennikov spielt mit dem Feuer
- Arnold Schwarzenegger auf Netflix- So was von albern
Immerhin sind alle gestandene Schauspieler mit viel Bühnen- und Filmerfahrung. Als Einzige kann Tina Rottensteiner bei der Premiere überzeugen. Sie muss in ein halbes Dutzend kleinerer Rollen springen und schafft das mit Bravour.
„Drei Männer und ein Baby“, Komödie Winterhuder Fährhaus, läuft bis 23. Juli, Karten unter T. 040/48068090; www.komoedie-hamburg.de
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Kritiken