Konzertkritik

Symphoniker Hamburg: Warum Komponist Nikolai Brücher fehlte

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Helmut Peters
Sängerin Julia Kleiter und Chefdirigent Sylvain Cambreling eröffnen mit den Symphonikern Hamburg die Saison in der Laeiszhalle.

Sängerin Julia Kleiter und Chefdirigent Sylvain Cambreling eröffnen mit den Symphonikern Hamburg die Saison in der Laeiszhalle.

Foto: Daniel Dittus

Komponist hatte einen guten Grund in Brasilien zu sein. Intendant Daniel Kühnel hält emotionale Ansprache in der Laeiszhalle.

Hamburg. Der brasilianisch-deutsche, eigentlich in Hamburg lebende Komponist Nikolai Brücher hatte schon einen guten Grund, bei der Aufführung seines Stücks „Glyptika“ für sechs Blechbläser und drei Schlagzeuger bei der Saisoneröffnung der Symphoniker Hamburg am Sonntag in der Laeiszhalle nicht persönlich dabei gewesen zu sein. Just am Vortag nämlich war er Vater geworden und verbringt die Elternzeit in seiner brasilianischen Heimat.

Brücher ist ja nicht nur Komponist, sondern auch Notenbibliothekar der Symphoniker und es spricht schon viel für den Chefdirigenten Sylvain Cambreling und den Intendanten Daniel Kühnel, dass sie immer wieder Talenten aus den eigenen Reihen ein Forum geben. In seinem Frühwerk von 2008 verarbeitet Brücher Eindrücke aus der Münchner Glyptothek und ihren Schätzen historischer Skulpturen.

Daniel Kühnel begrüßt das Publikum mit emotionaler Rede

Die sehr kleinteilig aufgebaute Musik aber lässt einen Bezug zu den figürlichen Vorlagen nur erahnen und erschöpft sich oft in statischen Bläserklangflächen und Schlagwerkkontrasten, ohne mit changierenden Klangfarben und Rhythmen wirklich konsequent zu spielen. Das schwächte den festlichen Saisonauftakt etwas ab, der vor dieser Aufführung ja noch mit einer Überraschung begonnen hatte.

Intendant Kühnel hatte das Publikum in einer emotionalen Ansprache zum ersten Konzert seines Orchesters seit 19 Monaten begrüßt, das nach der Pandemie in voller Stammbesetzung stattfinden konnte. Und da bot es sich natürlich an, die gute alte Laeiszhalle mit Richard Wagners „Dich, teure Halle, grüß ich wieder“ aus der Oper „Tannhäuser“ mit großem Orchester und einer Sopranistin zu begrüßen, die man sowieso im Programm hatte.

Julia Kleiter, die eine sehr fein nuancierende Sängerin ist, aber nicht wirklich über eine kraftvolle Stimme verfügt, hatte hier wie auch in Maurice Ravels Liederzyklus „Shéhérazade“ danach Schwierigkeiten, sich gegen das Orchester durchzusetzen. Zudem litt die Textverständlichkeit der auf Französisch gesungenen Lieder deutlich. In Béla Bartóks zwischen Zerrissenheit und tänzerischem Übermut schwankendem Konzert für Orchester am Ende brillierte das ganze Orchester unter seinem wie immer inspirierenden Chefdirigenten.

( hpe )

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