Hamburg. „Bei uns werden sie permanent mit Frischluft versorgt!“. Was Yvonne Bernbom, eine der beiden Opernloft-Chefinnen, über ihr Sicherheitskonzept verspricht, gilt auch für das Programm. Das kleine Theater versucht immer wieder, sein Publikum mit frischen Ideen in Richtung Oper zu pusten. Und sei es, dass die Arien nur als kurze Brisen durchs Stück ziehen, wie bei der aktuellen Produktion. „Spuk auf Steuerbord“ heißt die musikalische Revue von Susann Oberacker, die sich zwar Krimioper nennt, aber das Genre munter mit Schlagern, Musical, Country und Operette durchmixt. Inspiriert von der Traumlage des Opernlofts im Alten Fährterminal Altona, spielt die Handlung an Bord eines Kreuzfahrtschiffs: Die Bühne ist ein zweistöckiges Vorderdeck mit Reling, geschmückt mit Hamburg-Fähnchen. Möwen kreischen vom Band, draußen hupt ein Schiff. Booooop!
In diesem maritimen Setting inszeniert das Kollektiv Schlagobers eine Geschichte, die aus einfachem Seemannsgarn gestrickt ist: Der flotte Offizier trifft die fesche Chef-Stewardess, die beiden kabbeln erst lange rum und küssen sich dann doch. Da Bariton Lukas Anton und Mezzosopranistin Rebecca Aline Frese im echten Leben ein Paar sind, dürfen sie ohne Abstand spielen und singen – und demonstrieren ihre Wandlungsfähigkeit.
Kurzweilig und zauberhaft
Zu Beginn des Abends, bei Evergreens wie „Auf der Rrrreperbahn nachts um halb eins“, wird munter geschunkelt, und sogar mitgesungen (aber mit Maske!), da weht ein Hauch von Musikantenstadl über Deck. Erst allmählich tastet sich das Stück in Richtung Oper vor, zu Mozart, Rossini und Wagner. Mit seinem Balsambariton macht Lukas Anton „O Du mein holder Abendstern“ aus dem Tannhäuser zum Höhepunkt, während das Liebesduett aus dem Tristan ihn und seine Partnerin an die Grenzen führt. Dafür besticht Rebecca Aline Frese als beschwipster Orlofsky-Verschnitt und mit dunklem Männermörderinnentimbre im Lied „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“.
Nicht alle Stil- und Gedankensprünge zwischen Tristan, Fledermaus und Marlene Dietrich sind gleich gut motiviert. Das wirkt schon sehr bunt, manchmal auch bemüht, aber zugleich kurzweilig und oft zauberhaft – auch, weil die musikalische Leiterin des Opernlofts, Amy Brinkmann-Davis, die gelegentlich als Kapitänin auftritt, allerliebste Arrangements geschrieben hat, instrumentiert für Flügel und Akkordeon. Der Schifferklaviersound bekommt gerade der Musik von Wagner ziemlich gut, weil er ihren pathetischen Ernst in Frage stellt, aber nicht lächerlich macht. So einen subtilen Hintersinn vermittelt die Handlung seltener, der Text setzt im Zweifel eher auf die deutliche Pointe. Obwohl Anton und Frese komödiantisches Talent aufblitzen lassen, bleibt die Geschichte etwas zäh.
Und für eine Krimioper fehlt die Spannung – trotz eleganter Pistolen-Posen und einiger hübscher Schauereffekte. Das Publikum bleibt trotzdem begeistert bei der Stange und schunkelt am Ende noch mal ordentlich mit.
„Spuk auf Steuerbord“, bis 13.12., Opernloft, T. 01806- 700 733, www.opernloft.de
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