Berlin. Nach „Call Me by Your Name“ hat der Regisseur Luca Guadagnino in „Bones and All“ wieder mit Timothée Chalamet zusammengearbeitet. Herausgekommen ist ein zartes Horror-Drama voller Blut und Tod und Poesie.

Zu den einzigartigen Fähigkeiten des italienischen Regisseurs Luca Guadagnino gehört es, jedem noch so bizarren Thema Poesie zu verleihen. Auf die Spitze treibt er das in seinem neuen Film „Bones and All“, der von zwei Kannibalen erzählt und bei den Filmfestspielen in Venedig den Silbernen Löwen für die beste Regie gewann.

Es handelt sich um eine Art zartes Horror-Drama voller Blut und Tod, aber auch Liebe und leisen Tönen. Nach dem gefeierten Drama „Call Me by Your Name“ arbeitete Guadagnino wieder mit Jung-Star Timothée Chalamet zusammen.

Im Fokus steht diesmal aber die kanadische Schauspielerin Taylor Russell. Sie spielt die Kannibalin Maren, die herausfinden möchte, wie sie zu dem wurde, was sie ist. Während ihr Vater am Kannibalismus seiner Tochter verzweifelt und sie an ihrem 18. Geburtstag verlässt, hat Maren die Vermutung, dass ihre ihr unbekannte Mutter ebenfalls Kannibalin ist. Sie macht sich auf die Suche nach ihr. Auf ihrem Road-Trip merkt sie, dass es andere Kannibalen gibt. Zum Beispiel Sully, ein Überlebenskünstler, dem Mark Rylance auf genial-schauerliche Weise Leben einhaucht.

Road-Trip mit starken Bildern

Schließlich trifft Maren Lee (Chalamet), ebenfalls ein junger Kannibale, und verliebt sich in ihn. Ganz zart entfaltet sich die Bindung der Beiden, bleibt aber nicht ohne Probleme. Chalamet und Russells Spiel pulsiert regelrecht in der vorsichtigen gegenseitigen Annäherung. Gleichzeitig kämpfen die Beiden mit ihrer eigenen Identität, was das Zusammenfinden nicht gerade einfacher macht.

Das Kennenlernen wird von starken Bildern untermalt. Ihr Road-Trip führt sie auf endlose, verlassene Straßen und Landschaften. Ganz verloren wirken Lee und Maren unter dem weiten Himmel in Nebraska, Indiana oder Montana. Gerahmt wird das von einem Soundtrack aus melancholischen Gitarrentönen und Songs etwa von Joy Division oder New Order. „Bones and All“ spielt in den 80er Jahren.

Doch zwischen dieser schönen Atmosphäre und dem fragilen Miteinander darf man nicht vergessen, dass man es immer noch mit Kannibalen zu tun hat. Immer wieder stellt Guadagnino das Menschen-Essen zur Schau - es wird blutig, schmutzig und lustvoll. Einer der Kannibalen trägt einen langen Zopf mit sich herum, der aus den Haaren aller besteht, die er bereits gegessen hat.

Zarte Coming-of-Age-Romanze und abstoßender Horror, geht das wirklich zusammen? Man kann es sich eigentlich nicht vorstellen. 130 Minuten später ist man schlauer.

- Bones and All, Italien/USA 2022, 130 Minuten, FSK ab 16 beantragt, von Luca Guadagnino, mit Taylor Russell, Timothée Chalamet, Chloë Sevigny, Mark Rylance.