Dennoch ist das Drama über den kürzlich verstorbenen südafrikanischen Helden Nelson Mandela viel zu brav geraten. Madibas Leben scheint zu groß zu sein fürs Kino.

„Kein Menschenleben kann durch eine Erzählung ganz nachvollzogen werden. Es ist unmöglich, jedem Jahr, jedem Ereignis, jeder Person, die diesen Menschen geformt haben, gerecht zu werden. Was man jedoch tun kann, ist der Chronik gegenüber treu zu bleiben und zu versuchen, einen Weg zum Herzen der Menschen zu finden.“ Man kann diese Zeilen als vorauseilende Entschuldigung verstehen, die Richard Attenborough 1982 seinem Film „Gandhi“ im Vorspann vorweg stellte.

Auch Nelson Mandela, ein ebenso bedeutsamer Mann der Zeitgeschichte, war erst Anwalt, bevor er Freiheitskämpfer wurde und dafür noch viele Jahre länger als Gandhi in Haft saß. Vor zwei Monaten starb er. Wenn nun der britische Regisseur Justin Chadwick den Lebensweg des ersten Präsidenten Südafrikas nach dem Ende der Apartheid verfilmt hat, kann man fast gar nicht anders, als „Mandela“ mit „Gandhi“ und seinem herausragenden Darsteller Ben Kingsley zu vergleichen.

Auch Justin Chadwick hat in dem Briten Idris Elba einen großartigen Schauspieler gefunden, um Mandela zu verkörpern. Leider wird „Mandela“ diesem Leben nicht gerecht. Der Film hangelt sich brav chronologisch, gleichsam Kapitel für Kapitel, durch Mandelas 1994 erschienene Autobiografie „Der lange Weg zur Freiheit“. Einige der privatesten Einblicke, die Mandela in seinem Buch gewährte, sind nun die stärksten im Film: Der junge Mandela verbringt seine Freizeit in erster Linie mit Boxen und Fremdgehen. Das ist schon deshalb interessant, weil die Welt ja nie eine Vorstellung vom jungen Mandela hatte.

Überhaupt ist es gar kein Nachteil des Films, dass er mit der Freilassung des dann bereits 71-jährigen Mandelas am 2. Februar 1990 aus der Haft endet. Was danach geschah, ist auf so vielfältige Weise in Bild und Ton dokumentiert.

Doch Chadwick versteht das nicht als Chance, sich auf wenige wesentliche Aspekte zu konzentrieren. Dass etwa Mandelas zweite Ehe, die mit Winnie, geradezu metaphorisch auch und vor allem an der Frage zerbrach, welche Art von Widerstand legitim ist – das deutet Chadwick zwar an, doch er macht daraus nicht das thematische Zentrum seines Films. Stattdessen versucht er, noch ein Jahr, noch ein Ereignis, noch eine Person unterzukriegen. Mandelas Leben – zu groß fürs Kino.

+++-- „Mandela – Der lange Weg zur Freiheit“ USA 2013, 152 Min., ab 12 J., R: Justin Chadwick, D: Idris Elba, Naomie Harris, Tony Kgoroge, täglich im Abaton (auch OmU), Cinemaxx Dammtor, Koralle, Passage, Savoy (OF), UCI Mundsburg/Othmarschen; www.mandela.senator.de/#start