Die niederländische Regisseurin Nanouk Leopold erzählt in dieser Literaturverfilmung von einer Vater-Sohn-Beziehung, die von Wortlosigkeit und Kälte geprägt ist.

Ein Mann in den mittleren Jahren beugt sich übers Bett, um den darin liegenden Alten in Augenschein zu nehmen, in etwa so wie man ein Insekt inspiziert: „Ich bin noch nicht tot“, brummt der Alte, und an der Art, wie sein Sohn zurückschreckt, wird klar, dass er sich ertappt fühlt. Der etwa 50-jährige Bauer Helmer versorgt seinen gebrechlichen Vater, doch er tut es ohne echte Zuwendung. Wenn er ihn aus dem Bett wuchtet, dann tut er das mit der selben ruppigen Entschlossenheit, mit der er draußen die Schafe ins Gatter treibt. „Du ziehst um“, informiert er den Vater knapp, und verfrachtet ihn kurzerhand ins karge, kalte Zimmer unterm Dach. Zwischen Vater und Sohn herrscht eine Wortlosigkeit, die sich wie schwerer Winternebel auf die Beziehung legt.

Nach „The Brownian Movement“ hat die niederländische Regisseurin Nanouk Leopold jetzt mit „Oben ist es still“ den gleichnamigen Roman von Gerbrand Brakker verfilmt, und wieder lauscht sie dem Unausgesprochenen nach, den verdrängten Gefühlen und unterdrückten Leidenschaften. Von einem Aufbruch erzählt sie, der sich ganz verhalten in kleinen Nuancen offenbart, in einem flüchtigen Blick, einer kaum merklichen Geste, dem Anflug eines Lächelns, dem wärmenden Schein eines Sonnenstrahls in einem unwirtlichen Land.

Die starren, klinischen Ansichten von „The Brownian Movement“ sind jetzt in Bewegung geraten. Mit einer unstet vibrierenden Kamera (Frank van den Eeden) rückt Leopold ihrem verschlossenen Helden zu Leibe, als wolle sie ihm die Gefühle wie Blindenschrift von der Haut lesen. Zugleich ist sie aber auch so nah dran, dass sie die Menschen aus dem Lebenszusammenhang isoliert, ohne schützenden Raum und menschliche Beziehungen, während kühl perlende Klavierklänge einen Hauch von Dissonanz verbreiten.

Bewertung: empfehlenswert

„Oben ist es still“ NL/D 2013, 91 Min., ab 12 J., R: Nanouk Leopold, D: Jeroen Willems, täglich im 3001 (OmU), Abaton (OmU); obenistesstill-film.de