Die Filmbiografie “Hitchcock“ erzählt von den Dreharbeiten zu “Psycho“, von Alfred Hitchcocks Eigensinn und seiner Verbindung zu Alma Reville.

Alfred Hitchcock (Anthony Hopkins) ist 60 und als Regisseur gefeiert. Sein komfortabler Vertrag mit den Paramount-Studios sichert dem Engländer in Hollywood große Freiheiten. Aber "Vertigo" liegt zwei Jahre zurück und war kein Kassenschlager. Er braucht ein neues Projekt, "gut geschrieben und etwas abseitig". Großes Thema in den USA ist gerade der mutmaßliche Massenmörder Ed Gein, ein mutterfixierter Eigenbrötler. Hitchcock ist fasziniert und sichert sich die Rechte an dem Roman "Psycho", in dem Gein in der Figur Norman Bates nachgezeichnet ist. Mord, Voyeurismus, womöglich Inzest, was will man mehr? Freunde sind skeptisch, die Paramount-Bosse schockiert, und Hitchcocks Frau Alma Reville (Helen Mirren) sagt nur auf ihre trockene Art: "Mach ein Musical daraus, mit Doris Day."

Alma, seit 34 Jahren Mrs Hitchcock, war lange Zeit seine Cutterin, ist engste Ratgeberin, ruhender Pol und Diätköchin - die entscheidende Kraft in Hitchcocks Leben. Jetzt hat sie eigene Pläne und will mit einem charmanten Kollegen ein Drehbuch überarbeiten. Ohne Almas vertraute Allgegenwart kämpft sich Hitchcock durchs Casting, trickst den Zensor aus und stürzt sich wie ein Bulldozer in die Dreharbeiten. Das Risiko ist hoch, zumal er den Film selbst vorfinanzieren muss und dafür sein Haus verpfändet. Aber zum ersten Mal misstraut er seinem Instinkt. "Psycho" stürzt Hitchcock in eine Art Latelife Crisis - und in eine Ehekrise.

Sacha Gervasis "Hitchcock" basiert auf Stephen Rebellos 1990 erschienenem Buch "Alfred Hitchcock and the Making of Psycho", in dem zahlreiche Weggefährten des Altmeisters aus dem Nähkästchen plauderten. Aber Gervasi hat den Stoff überarbeitet und den Schwerpunkt auf die Beziehung zwischen Hitchcock und Alma Reville gelegt. Anthony Hopkins und Helen Mirren als altem Ehepaar zuzusehen, das sich allzugut kennt und zwischen Eigensinn und kaschierter Verletzlichkeit verbale Florettgefechte aufführt, ist an sich schon ein Genuss. Helen Mirrens Alma hat Hitchcocks ewiges Faible für seine Filmblondinen einfach satt und kämpft mit ihrer Loyalität. Hopkins sieht Hitchcock eigentlich gar nicht ähnlich, was man ihm keine Sekunde lang übel nimmt: Mit dem typisch hochgereckten Doppelkinn erschafft er einen eigenen Hitchcock, der hinter seinem furiosen Dickkopf ein gläsernes Ego verbirgt.

Das Abaton-Kino zeigt übrigens vor "Hitchcock" jeweils den Original-Trailer, in dem Alfred Hitchcock die Zuschauer 1960 durch das Filmset führt: In der alten Horrorvilla und Bates' Motel bereitete er die Zuschauer schonend auf die Schauplätze des Schreckens vor - natürlich auch auf die Dusche.

Bewertung: empfehlenswert

"Hitchcock" USA 2012, 98 Minuten, ab 12 Jahren, R: Sacha Gervasi, D. Anthony Hopkins, Helen Mirren, Scarlett Johansson, täglich im Abaton (OmU), Holi, Passage, Studio-Kino, UCI Mundsburg, Zeise; www.hitchcock-derfilm.de