Die PR-Maschinerie zu “Schutzengel“ läuft - aber wie ist eigentlich der Film? Afghanistan, nervige Dialoge und ein Bond-Verschnitt.

Hamburg. Üblicherweise sehen sich Kritiker neue Filme Wochen vor ihrem Kinostart an, um dann ihre Rezensionen zu schreiben. Wenn ein neues Werk von Til Schweiger anläuft, ist es anders. Nur ein kleiner Kreis befreundeter Journalisten wird vorab eingeladen. Schweiger fühlt sich und seine Arbeit nie recht gewürdigt, mit Kritik kann er nur schlecht umgehen.

Hilft aber nichts. Dies ist eine Filmkritik aus einer regulären Vorstellung.

Mit "Schutzengel" sagt Schweiger der Komödie ade und begibt sich ins Genre des Actionfilms. "Eine Herzensangelegenheit" hat er sein neues Werk genannt. Darin geht es um den Polizisten und ehemaligen Elitesoldaten Max Fischer, gespielt von Schweiger selbst, der die minderjährige Zeugin Nina (gespielt von Schweigers Tochter Luna) beschützen soll, die dem Waffenhändler Backer (Heiner Lauterbach) in die Quere gekommen ist.

Backer droht eine Mordanklage, Nina ist die einzige Zeugin. Doch der mächtige Geschäftsmann hat weitreichende Verbindungen bis hin zu Berliner Polizei und Justiz. Ninas Versteck fliegt auf, mit Müh und Not entkommen die Zeugin und ihr Schutzengel einem Killerkommando. Max Fischer erkennt, dass er das 15 Jahre alte Waisenkind nur auf eigene Faust schützen kann, und taucht in den Untergrund ab.

"Schutzengel" hätte ein ganz ordentlicher Thriller werden können, wenn Schweiger seinen 131 Minuten langen Film nicht so überladen hätte. Polizeikorruption wird ebenso thematisiert wie traumatisierte Afghanistan-Soldaten, zwischendrin menschelt es gewaltig in den Dialogen zwischen Vater und Tochter. Leider ist Luna Schweiger keine Schauspielerin, sondern nur die Tochter des Regisseurs.

Das reicht zwar für ein paar Vater-Tochter-Gags, aber Ninas naive Fragerei nervt zunehmend, ebenso wie Schweigers pädagogischer Impetus. Ja, Waffen gehören nicht in die Hände von Kindern. Ja, Krieg ist schlecht. Diese oberlehrerhaften Sentenzen wirken wie eine Entschuldigung für die allerdings spektakulär inszenierten Schießereien mit diversen Killerkommandos, in denen Schweiger sich als ähnlich unverwundbarer Held stilisiert wie James Bond, und man sich fragt, wo er eigentlich die ganzen Patronenmagazine hernimmt, die er verballert.

Geklotzt hat Schweiger auch in der Auswahl seiner Schauspieler. Nebenrollen sind mit erstklassigen Akteuren wie Katharina Schüttler, Herbert Knaup, Rainer Bock, Hanna Herzsprung und Tobias Moretti besetzt. Einen ganz starken Part spielt Moritz Bleibtreu als ebenso schlagfertiger wie komischer Kriegsveteran Rudi. Er hat zwar seine Beine in Afghanistan verloren, aber nicht seinen Lebensmut. Eine Fehlbesetzung ist dagegen Karoline Schuch als Staatsanwältin und Ex-Freundin von Max Fischer. Wenn die niedliche Blondine bei knisterndem Kaminfeuer und einem Glas Weißwein darüber räsoniert, wie sehr sie den Max doch liebe, während der nebenan im Schlafzimmer an einer Bauchwunde fast krepiert, ist das geradezu ärgerlich.

Til Schweiger, mit zwei weiteren Autoren auch für das Drehbuch verantwortlich, wäre gut beraten gewesen, einen Dramaturgen hinzuzuziehen, der die Story verschlankt und die schlimmsten Dialoge streicht. Es wird wohl wieder nichts werden mit einem Bundesfilmpreis. Tatsächlich überlegt Schweiger, seinen eigenen Filmpreis ins Leben zu rufen. Vielleicht könnte er als Jury diejenigen einsetzen, die auch seine Filme vorab ansehen dürfen. Dann sollte es mit einem Preis klappen.