Die wunderbare Literaturverfilmung “Villa Amalia“ ist ein großes Solo für Isabelle Huppert und ein intimer Film über die Sehnsucht.

Jeder Mensch gerät irgendwann einmal in eine Situation, in der er sich nur eines wünscht: Tabula rasa. Einmal das alte Leben wegschütten und ein komplett neues anrühren. In seinem Film "Villa Amalia" nach dem gleichnamigen Roman von Pascal Quignard spielt Regisseur Benoît Jacquot dieses Szenario bis zum Ende durch.

Isabelle Huppert glänzt als erfolgreiche Komponistin Ann, die von einer Sekunde zur anderen aus ihrem Leben aussteigt. Zurück lässt sie den Ehemann, der sich eine Affäre zu viel gegönnt hat, die kranke Mutter, aber auch das Bankkonto, das Telefon und ihren geliebten Flügel. Dem Makler, der ihr Haus verkaufen soll, erklärt sie lapidar: "Ich geh fort." Ihr emotionsloser Blick verrät: Nachfragen sind unerwünscht. Sogar ihrem alten Freund Georges (Jean-Hugues Anglade) bleibt sie eine Erklärung schuldig.

Am merkwürdigsten erscheint, dass sie auch ihre geliebte Musik zurücklässt. Ihr Leben passt fortan in einen Rucksack. Mit dem reist sie quer durch Europa, erlebt erotische Begegnungen mit Zufallsbekanntschaften und landet schließlich in der Villa Amalia auf einer Insel vor der neapolitanischen Küste. Sie lebt und liebt anders. Und dafür riskiert sie alles. Der Film ist ein großes Solo für die Huppert. Man ahnt, dass sie hinter ihrer Fassade Geheimnisse verbirgt, und wartet auf die Katastrophe. "Villa Amalia" ist eine intime Studie über ein "Was wäre wenn". Und vielleicht wäre das am Ende gar nicht so schlimm.

++++- Villa Amalia F 2008, 94 Min., ab 12, R: Benoît Jacquot, D: Isabelle Huppert, Jean-Hugues Anglade, Xavier Beauvois, Maya Sansa u.a., täglich im 3001; www.villaamalia-lefilm.com