Der Film von Sandra Nettelbeck nähert sich dem Thema Depression mit Würde, bleibt aber leider an der Oberfläche.

Diese Art von Werbung hat sich der Verleih sicherlich nicht gewünscht: Gut zwei Wochen nach dem Freitod des depressiven Nationaltorwarts Robert Enke kommt nun ein Spielfilm über Depression ins Kino - "Helen". Es ist ein ebenso ernster wie wichtiger Film, der sich dem komplexen Thema durchaus mit Würde und Anstand nähert.

Und das liegt daran, dass Sandra Nettelbeck Regie führt, die sich nach der entspannten Küchenkomödie "Bella Martha" wieder einem Frauenschicksal widmet. Allerdings ganz ohne romantische oder komödiantische Elemente werden wir in das Leben der Musikprofessorin Helen (Ashley Judd) eingeführt: ein Homevideo mit ihr barfuß am Strand, eine Geburtstagsfeier mit Freunden rund um einen raumgreifenden Flügel, dann die Titelheldin allein in einem dunklen Raum. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Der Anfang verdichtet die Tragik des Geschehens.

Es gilt nicht, in Hollywood-Manier ein Idyll aufzubauen, um dieses dann umso spektakulärer zerstören zu können. Sondern die Krankheit ist einfach da. Völlig unlogisch, völlig unmotiviert. Helen stolpert durch die Kälte und nimmt ein Messer in die Hand. Sie schreibt Zettel und zerknüllt sie wieder. Sie hat Ränder unter den Augen und zunehmend graue Haare. Sie zerstört Gegenstände in ihrem Arbeitszimmer und zunehmend ihre Ehe und Familie, denn die Hand ihres liebenden Ehemannes David (Goran Visnjic) schlägt sie zurück. Weil sie nicht anders kann - und dies auch weiß.

"Ich werde nicht mehr dieselbe sein", sagt sie zu ihrem Ehemann. Dessen Antwort: "Aber immer die Einzige."

Sandra Nettelbeck konnte schon immer ausgezeichnete Dialoge schreiben. Das tut sie auch hier. Dazu findet sie kühle, klinisch sterile Bilder voller ausgebleichter Farben. Man sieht verregnete Fensterscheiben, engmaschige Zäune, öde Industriebauten, dampfende Gassen. Seelenlandschaften, gespiegelt im Gesicht von Ashley Judd, die in ihrem vorwiegend mimischen Spiel gekonnt zwischen Aufbäumen und Resignation changiert.

Und doch gelingt es dem Film bei aller Kunstfertigkeit nicht, hinter die Oberfläche der Krankheit zu dringen. Er vermittelt anschaulich die Gefühlswelt der Betroffenen. Aber er bewegt nicht. Dazu ist er zu frei von jedem Kalkül. Auch beim Starttermin: Der stand schon seit mehr als einem halben Jahr fest.

+++-- Helen Deutschland/USA 2009, 119 Minuten, ab 12 Jahren, R: Sandra Nettelbeck, D: Ashley Judd, Goran Visnjic, Lauren Lee Smith, täglich im Blankeneser, in der UCI-Kinowelt Mundsburg; Infos im Internet unter www.helen-derfilm.de