In dem neuen Film von Almut Getto finden eine blinde Cellistin und ein pedantischer Eigenbrötler zueinander. Kein Film, der auf Quote schielt.

Hamburg. Nein, so richtig sympathisch ist Phillip (Bastian Trost) nicht. Zu introvertiert, zu pedantisch, zu ängstlich, zu eigenbrötlerisch. Kein Wunder, dass sein einziger Freund ein Psychiater und seine einzige Gesellschaft eine Schildkröte ist - sie hat einen genauso dicken Panzer wie er. Zu Phillips Ordnungsliebe, die alles an ihren zugewiesenen Ort verbannt und nichts Überflüssiges duldet, passt auch sein Beruf. In einem kahlen Keller, der mehr einem Gefängnis gleicht, prüft er Banknoten auf ihre Echtheit, eine nach der anderen. Richtig oder falsch - dazwischen gibt es für Phillip nichts. Als seine Wohnung ausgeraubt wird, gerät das sorgsam austarierte Gleichgewicht des Eigenbrötlers durcheinander. Als Helferin in der Not erweist sich eine blinde Cellistin namens Lina (Katharina Schüttler), die nicht nur ziemlich nett ist, sondern auch sehr geduldig. Wie sonst ist es zu erklären, dass die junge Frau Phillips ungehobelte Art erträgt? Gegensätze ziehen sich bekanntlich an, und vielleicht fällt ja ein Strahl von Linas Lebensfreude auf Philipp...

Einen eigentümlichen Film hat Almut Getto, die vor sieben Jahren mit ihrem Regiedebüt "Fickende Fische" überraschte, inszeniert. Lustvoll bürstet sie die Versatzstücke der deutschen Beziehungskomödie gegen den Strich, vermeidet alles Gefällige und schielt nicht auf die Quote (der Film wurde vom MDR koproduziert). Doch damit wäre auch schon ein Problem des Films benannt: Die negative Zeichnung von Philipps Charakter erschwert die Identifizierung, nie wird klar, was Lina eigentlich an ihm findet. Das Motiv der Blindheit, ob metaphorisch oder real, wirkt doch arg überstrapaziert. Immerhin: Katharina Schüttler füllt ihre Figur mit charmantem Trotz und schlagfertigem Humor, der sich in pointierten Dialogen und komischen Zwischenspielen niederschlägt. Nur ihrer Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass der Film, wenn auch auf Umwegen, auf sein märchenhaftes Happy End zusteuert.

+++-- Ganz nah bei dir Dtl. 2009, 91 Min., o. A., R: Almut Getto, D: Katharina Schüttler, Bastian Trost, Katja Danowski, Oscar Ortega Sanchez, Heiko Pinowski, Jürgen Rissmann, täglich im Holi; Internet: http://ganz-nah-bei-dir.de