Der Polnische Regisseur Andrzej Wajda inszeniert “Das Massaker von Katyn“ als rührendes Nationalepos.

Einheiten des sowjetischen Innenministeriums ermordeten im Frühjahr 1940 in den Wäldern von Katyn mehr als 22 000 polnische Offiziere, Zivilisten und Intellektuelle. Drei Jahre später entdeckte die Wehrmacht die Massengräber. Doch Stalin wies die Schuld an den Gräueltaten von sich und lastete sie, gedeckt von dem Briten Churchill und dem US-Amerikaner Roosevelt, den Deutschen an. In Polen selbst wurde die Wahrheit über Katyn zu Ostblockzeiten mit allen Mitteln unterdrückt, wer darüber sprach, wurde hart bestraft. Katyn, das ist "eine der großen politischen Intrigen des 20. Jahrhunderts" (Franz Kadell).

Vor diesem Hintergrund hat der polnische Meisterregisseur Andrzej Wajda seinen vielleicht persönlichsten Film gedreht: Sein Vater zählte zu den Opfern von Katyn.

Im September 1939 wurde Polen nicht nur von Deutschland überfallen, sondern nur wenige Wochen später auch von Russland. Und so kommt es, dass auf einer Brücke - hier setzt die Handlung ein - Flüchtlinge aufeinanderprallen, die einen gejagt von der Wehrmacht, die anderen von der Roten Armee. Eine junge Mutter, Anna (Maja Ostaszewska), ist mit ihrer kleinen Tochter Nika extra aus dem weit entfernten Krakau hergeradelt, um noch einmal ihren Mann Andrzej (Artur Zmijewski), einen Offizier der polnischen Armee, zu sehen. Kaum angekommen, muss sie erfahren, dass sein Regiment aufgerieben wurde, die Verletzten seien in einem eilig errichteten Lazarett in einer Kirche untergebracht. Doch hier entdeckt sie nur den Mantel ihres Mannes. Ob Andrzej noch lebt? Endlich findet sie ihn in einem Bahnhof, gefangen genommen von den Russen, bereit für den Abtransport in ein sowjetisches Lager. Es wird das letzte Mal sein, dass sie sich sehen ...

Wajda spart das Massaker nicht aus. Nüchtern stellt er die mechanische Kälte des Tötens nach, ein Genickschuss nach dem anderen richtet die Generale hin, während einfache Soldaten leblos ins Massengrab fallen. Wajda hat ein filmisches Mahnmal inszeniert, das endlich Gewissheit über Katyn geben soll. So ist auch das letzte Drittel des Films zu verstehen, in dem Anna und die Frau eines Piloten im Nachkriegspolen um die Wahrheit kämpfen - und sei es nur der richtige Eintrag auf einem Grabstein: "Ermordet im April 1940, im Wald von Katyn". Ein wichtiger Film also. Und doch ist Wajda einiges zu schlicht, manchmal auch zu bedeutungsschwer und symbolträchtig geraten. Eine altmodisch-epische Langsamkeit prägt seinen Film, der trotz seiner kleinen Schwächen ergreift und anrührt.

++++- Das Massaker von Katyn Polen 2007, 121 Min., ab 16 J., R: Andrzej Wajda, D: Maja Ostaszewska, Artur Zmijewski, Andrzej Chyra, täglich im 3001; www.katyn-film.de