“Oben“ aus dem Hause Pixar punktet mit Liebe zum Detail und sehr vitalen Charakteren

Wenn man darüber nachdenkt, welche Produkte der amerikanischen Filmindustrie den Geist ungebändigter Kreativität und vollkommener künstlerischer Freiheit verströmen, dann fallen einem nur wenige Namen ein. Tarantino, die Gebrüder Coen vielleicht. Und auf jeden Fall die Filmemacher von Pixar. Ihre Namen kennen nur wenige, weil Animationsfilme immer eine kollektive Angelegenheit sind. Aber ihre Werke von "Toy Story" über "Findet Nemo" bis hin zu "Ratatouille" und "Wall-E" haben in der Welt des Trickfilms immer wieder neue Wege aufgezeigt. "Pixar" war stets auf der Höhe der computertechnologischen Entwicklung, verlor dabei jedoch nie aus den Augen, dass die CGI-Technik nur dazu dient, gute Geschichten noch besser und frei von kreativen Einschränkungen zu erzählen. Deshalb darf es nicht verwundern, dass der neue Streich der Trickfilmpioniere, "Oben", im wörtlichen Sinn einfach abhebt:

Als die Pfleger Carl abholen und ins Altenheim verfrachten wollen, legt der Pensionär einen Schalter um. Aus dem Dach quillt ein riesiges Bündel bunter Luftballons hervor. Das Haus löst sich aus der Verankerung und steigt samt seiner Bewohner gen Himmel.

Die Ballonfahrt nach Paradise Falls ist ein Kindheitstraum, den Carl und seine Sandkastenliebe Ellie ein ganzes Leben lang geträumt haben. In einer brillant gestalteten Sequenz lässt der Film das hindernisreiche Leben des glücklichen, aber kinderlosen Paares im Zeitraffer vorbeiziehen: Immer wieder muss das Glas mit dem Ersparten für den Trip nach Südamerika geleert werden, um die Widrigkeiten des Alltags meistern zu können. Nach Ellies Tod bedrängen Immobilienspekulanten den alten Mann, während rechts und links Hochhaustürme gebaut werden. Was liegt da näher, als das Haus einfach mitzunehmen nach Südamerika?

Der griesgrämige Alte mit dem eckigen Gesicht hat einen unfreiwilligen Reisegefährten: den kugelrunden Pfadfinderjungen Russell, der zufällig vor der Tür stand, als das Haus mit seinen 20 622 Heliumballons in die Luft stieg. Was die beiden in Südamerika erleben, steht den Abenteuern von Indiana Jones um nichts nach.

Ein bärbeißiger Forscher und seine Hundemeute sowie ein seltener Laufvogel, der von seinem Nachwuchs getrennt wurde, spielen dabei eine zentrale Rolle. Wichtiger aber ist, wie sich die Beziehung zwischen dem kantigen Alten und dem übergewichtigen Jungen entwickelt - zwei gesellschaftliche Außenseiter, die in der Wildnis zueinander finden.

Abgesehen von der originellen Grundidee, überzeugt auch dieser Pixar-Film wieder mit visuellem Ideenreichtum. Allein das Innendekor des fliegenden Hauses ist ein Kunstwerk für sich. Die Liebe zu den Details zeichnet "Oben" genauso aus wie die zu den Charakteren.

Und die wirken in dieser Animationsproduktion lebendiger als in manchem Realfilm.

++++- Oben USA 2009, 96 Minuten, ohne Altersbeschränkung, R: Pete Docter, läuft täglich im Cinemaxx, Cinemaxx Harburg, Cinemaxx Wandsbek, Hansa-Studio, Koralle, Streit's (OF), UCIs Mundsburg, Othmarschen-Park, Smart-City; Infos im Internet: www.oben-derfilm.de