Im ersten Film seines Zweiteilers “Che“ hat Steven Soderbergh die Ereignisse um den charismatischen Revolutionär Guevara akribisch nachgezeichnet.

Da ist sie, die Ikone: Mit Bart, Zigarre und Barett stellt Che Guevara sich 1964 den Fragen einer amerikanischen Journalistin. Was er sagt, ist nicht so wichtig, viel mehr zählt das Gefühl unbedingter Authentizität, das diese in leicht körnige Schwarz-Weiß-Bilder getauchte Szene beschwört. "Genau so war es!", scheint Regisseur Steven Soderbergh den Zuschauern zurufen zu wollen, die sich auf ein zweiteiliges, insgesamt fast viereinhalbstündiges Che-Guevara-Biopic einlassen. Wer weiß, dass Soderbergh für seinen Film allein sieben Jahre lang recherchiert hat, mag gern glauben, dass hier jeder Satz, jede Bewegung stimmt. Dass jede noch so entlegene Quelle geprüft wurde, um zu verifizieren, was sich verifizieren lässt. Fasziniert sei er gewesen von einem Leben, das sich wie eine Abenteuergeschichte liest, hat Soderbergh zu Protokoll gegeben und hinzugefügt, ihm sei es darum gegangen, die geistigen und physischen Herausforderungen Guevaras revolutionärer Kampagnen detailliert zu betrachten. Das ist ihm gewiss gelungen - aber resultiert aus diesem Ansatz auch ein sehenswerter Film?

"Che - Revolución" (Teil zwei, "Che - Guerilla", kommt erst am 23.7. in die Kinos) beginnt im Juli 1955 in einer Wohnung in Mexico City. Hier trifft der argentinische Arzt Ernesto Che Guevara (Benicio Del Toro) auf den kubanischen Revolutionär Fidel Castro (Demián Bichir) und schließt sich dessen Bewegung an, die den Diktator Batista stürzen will.

Schnitt und Sprung in den November 1956: Mit 80 Genossen schippern Che und Fidel auf einer Motoryacht Richtung Kuba - der Beginn der Revolution. Was folgt, ist eine akribische Bestandsaufnahme der Strapazen im Dschungel, endloser Fußmärsche, wiederkehrender Versorgungsschwierigkeiten und kurzer Feuergefechte mit der Armee. Doch die Qualen, die speziell der schwer asthmakranke Che Guevara leidet, zahlen sich aus. Immer mehr Bauern schließen sich der Bewegung an, immer stärker gerät der Batista-Clan in die Defensive, bis schließlich dem Marsch auf Havanna und damit dem Sieg der Revolution nichts mehr im Weg steht.

Wer Guevaras "Kubanisches Tagebuch", das Soderbergh als Grundlage diente, gelesen hat, weiß das alles. Und selbst, wer es nur bis zum Wikipedia-Eintrag schafft ist über die Faktenlage gut informiert. Wo also geht "Che - Revolución" über das allseits Bekannte hinaus? Wo wird der Mensch hinter dem T-Shirt-Motiv sichtbar? Wo die Motivation, sich der revolutionären Bewegung in einem fremden Land anzuschließen? An keiner Stelle. Seltsam fremd bleibt dieser Che Guevara, den Benicio Del Toro mit maximaler Identifikation spielt. Ein Mythos aus vergangenen Zeiten, aber keine wirklich greifbare Person. Belegbare Fakten hat Steven Soderbergh bebildert. Punkt. Das allerdings mit einer Kunstfertigkeit und Virtuosität, die schon seine früheren Filme ("Out Of Sight", "Traffic") auszeichnete. Interpretatorische Freiräume sind dabei ebenso wenig vorgesehen wie revolutionäres Pathos.

Und so endet "Che - Revolución" nicht mit der Siegesparade in Havanna, sondern mit einer Episode auf dem Weg dorthin. Der Commandante bläst zwei Jungspunden den Marsch, die widerrechtlich einen Cadillac requiriert haben. Das ist gewiss auch historisch verbürgt ...

+++-- Che - Revolución 131 Minuten, ab 12 Jahren, R: Steven Soderbergh, D: Benicio Del Toro, Demián Bechir, Rodrigo Santoro, Catalina Sandino Moreno, Julia Ormond, Joaquim de Almeida, Jordi Mollà, Lou Diamond Phillips Marc-André Grondin, täglich im 3001, Abaton, Holi; Infos im Internet unter www.che.centralfilm.de

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