Hitchcocks Genie bestand darin, ein und dieselbe Geschichte immer wieder neu zu erzählen: das Drama eines Mannes, der aus der Normalität gerissen wird.

In seinem Meisterwerk "Der unsichtbare Dritte" verschlägt es Roger Thornhill (Cary Grant) die Sprache, als er mit einem Geheimagenten verwechselt wird. Als ihn die Polizei dann eines Mordes beschuldigt, weiß er gar nicht mehr, wie ihm geschieht. Eine aberwitzige Verfolgungsjagd quer durch die USA beginnt, bei der eine kühle Blondine (Eva Marie Saint) eine mysteriöse Rolle spielt ...

Populär wurde der Thriller durch den Mordversuch in der Wüste. Hitchcock wollte das Krimiklischee auf den Kopf stellen, nach dem immer nachts in einer dunklen Gasse mit regennassem Pflaster gemeuchelt wird. "Ich habe mich gefragt, was das genaue Gegenteil einer solchen Szene wäre. Eine völlig verlassene Ebene im hellen Sonnenschein ..." Die Bedrohung setzt bereits ein, als Thornhill aus dem Bus steigt und ein Farmer sagt: "Dahinten kommt ein Insektenvernichtungsflugzeug, dabei gibt es hier doch gar keine Insekten zu vernichten." So entdeckte Hitchcock für sich und sein Kino die Agoraphobie, also die Angst vor großen Plätzen. Auch das augenzwinkernde Ende des Films ist Legende: Grant zieht die Saint in die obere Koje seines Schlafwagenabteils, während der Zug pfeifend in den Tunnel einfährt.

"Der unsichtbare Dritte" ist ein Thriller in Gestalt eines Horrortrips, der den Zuschauer permanent mit einbezieht, indem er ihn mehr wissen lässt als seinen Protagonisten und ihm dadurch eine traumatische Ohnmacht vermittelt. Hitchcock spart nicht mit satirischen Seitenhieben auf die CIA, die einen unbescholtenen Bürger eiskalt über dem Abgrund zappeln lässt, wenn es zufällig in ihre Pläne passt.

Der unsichtbare Dritte USA 1959, 131 Minuten, ab 12 Jahren, R: Alfred Hitchcock; D: Cary Grant, Eva Marie Saint, im 3001, Abaton, Alabama