“Kommissar Bellamy“, den Claude Chabrol mit Gérard Depardieu inszeniert hat, ist tatsächlich eine labyrinthisch angelegte Charakterstudie voller sehr schwierig zu deutender Zeichen des Regisseurs.

Es ist so eine Sache mit dem Alterswerk. Der französische Großmeister Claude Chabrol beging soeben seinen 79. Geburtstag. Gestartet im Umfeld der Nouvelle Vague, kam seine Glanzzeit erst Jahrzehnte später mit Filmen, in denen er mit bissig entlarvenden Blicken die bourgeoise Gesellschaft sezierte. Schon sein obsessives Liebesdrama "Die zweigeteilte Frau" (2007) gab fast nur noch Rätsel auf.

Nun liefert der Meister mit "Kommissar Bellamy" eine Art Krimi ab, der sich als labyrinthisch angelegte Charakterstudie mit mehreren Schubladen entpuppt. In der Titelrolle: Frankreichs Urgestein Gérard Depardieu. Es ist tatsächlich die erste Begegnung der beiden künstlerischen Größen. Depardieu mimt einen Kommissar, der im Sommerurlaub im beschaulichen Nîmes von einem Mann bedrängt wird, der einen Menschen umgebracht haben will. Der Fall erweist sich als tragisch ausgegangene Liebesgeschichte mit versuchtem Versicherungsbetrug. Die Wahrheit über den Toten jedoch bleibt im Dunkeln. Der Wer-war's-Plot ist hier nicht entscheidend. Chabrol stellt mit jeder Einstellung eine Reihe weiterer Fragen, legt Fährten schon mit der Wahl der Namen. Ein Verfahren, das nicht zufällig an die Figur Kommissar Maigret von Georges Simenon erinnert. Schon das Interesse des Ermittlers an diesem Fall erscheint obskur.

In der ersten Einstellung löst Bellamy ein Kreuzworträtsel und findet das Wort "Glück". Glücklich scheint sein respekt- und liebevolles Leben mit Ehefrau Françoise (Marie Bunel) zu sein. Doch zeigen sich erste Risse im felsartigen Charakter Bellamys, etwa wenn er wie ein Tier Essen in sich hineinschiebt. Seine finstere Seite wird nach und nach enthüllt, als sein Halbbruder mit dem vieldeutigen Namen Jacques Lebas (Clovis Cornillac) vor der Tür steht, eine verkrachte Alkoholiker-Existenz. Er könne "sein Engelsgesicht nicht mehr ertragen", sagt Bellamy. Ein Engel, aber zugleich die dunkle Seite der Brüder. Und dann gibt es auch noch eine weitere Leiche.

Der Zuschauer ist permanent damit beschäftigt, die Zeichen Chabrols zu dechiffrieren. Manche sind besonders nett. Ein Anwalt stimmt vor Gericht "Quand Les Cons Sont Braves" an. Ein Verweis auf einen anderen Georges, den Liedermacher Georges Brassens. Das große Ganze jedoch hält der Meister eisern verborgen. Und so entwickelt sich dieses Alterswerk zu einem etwas trägen Bilderrätsel.

+++-- Kommissar Bellamy - Mord als Souvenir F 2009, 110 Minuten, ab 12 Jahren, R: Claude Chabrol, D: Gérard Depardieu, Marie Bunel, Clovis Cornillac, Jacques Gamblin u. a., täglich im Blankeneser, Passage; www.tfmdistribution.com/bellamy