Regisseurin Maren Ade seziert effektiv das seelische Desaster einer normalen Beziehung.

Sie wäre oft gern anders. Er wäre gern wie alle anderen. Und beide versuchen durchzuhalten in diesem schwierigen Spiel namens Liebe, bei dem die Regeln ständig neu verhandelt werden. Vor allem im gemeinsamen Urlaub. Gitti und Chris, gespielt - nein: im wörtlichen Sinne verkörpert - von Birgit Minichmayr und Lars Eidinger, verschlägt es nach Sardinien ins (schwieger)elterliche Ferienhaus. Später treffen sie ein weiteres Pärchen, darüber hinaus passiert nicht viel; mehr braucht es nicht.

Regisseurin Maren Ade beweist in ihrem zweiten, preisgekrönten Film, dass Liebe als Thema genug ist, wenn man es nur klug anpackt. Selten wurde man so sehr Zeuge der seelischen Desaster einer ganz normalen Beziehung. Selten begegnete man sich als (um die 30 Jahre alter) Zuschauer so sehr selbst.

Chris ist Architekt, Gitti arbeitet als Pressefrau bei einem Musik-Label. Er ist wankelmütig und introvertiert, sie impulsiv und gefühlsbetont. Sie sind es jeweils bis zur Unerträglichkeit. Auch das ist die Kunst dieses Films: dass man beinahe körperlich mitfühlt und in manchen Momenten das übergroße Bedürfnis verspürt, einem der Beteiligten eine Ohrfeige zu verpassen. Oft lässt Ade das Gewaltige mit dem Lapidaren kollidieren, etwa in jener Szene, in der Herbert Grönemeyers Sehnsuchts-Hymne "Ich hab' dich lieb" einsetzt und sich entscheidet: Wer wählt Herz, wer Haltung? Gefühl oder Attitüde?

"Alle Anderen" ist ein Film, bei dem man genau hingucken muss, um seine Größe zu erkennen. Aber auch im wahren Leben passiert ja wenig auf der Oberfläche und viel darunter.

++++- Alle anderen Deutschland 2008, 124 Min., ab 12 J., R: Maren Ade, D: Birgit Minichmayr, Lars Eidinger, Hans-Jochen Wagner, täglich im Abaton, Zeise; www.alle-anderen.de