Berlin. Der Historiker Benno Gammerl ist der Frage nachgegangen, wie sich schwules Leben in Deutschland seit den 50er Jahren verändert hat.

Der Mittvierziger Benno Gammerl hat ein dickes Buch zu einem bislang wenig beleuchteten Aspekt der Geschichte der Bundesrepublik geschrieben.

"Als schwuler Historiker wollte ich schon lange etwas zur Homosexualitätengeschichte schreiben", sagt er. "Wie fühlten frauenliebende Frauen und männerliebende Männer und wie haben sich diese Gefühle seit den 1950er Jahren verändert?"

Schwule und Lesben fühlten natürlich anders, auch wenn viele vielleicht in einem Anflug von besonderem Respekt das verneinen wollten. "Unser Fühlen ist untrennbar verflochten mit der Position, die wir in der Gesellschaft einnehmen." Wenn sich das Empfinden in einem zentralen Punkt von dem der Mehrheit unterscheide, auf deren Wünsche alles ausgerichtet sei, von den Schulbüchern bis zu den Figurenpaaren auf Hochzeitstorten, dann präge das auch die Gefühle. Das Buch macht es sich nicht leicht, denn Gammerl ist wichtig, dass es bei dem Thema keine saubere Entwicklung gebe, von "Stigmatisierung" (Wer schwul ist, fliegt raus) über Emanzipation (Ich bin lesbisch - und da müsst Ihr jetzt mit zurechtkommen) hin zur sogenannten Normalisierung (Ehe für alle) heute.

- Benno Gammerl: Anders fühlen. Schwules und lesbisches Leben in der Bundesrepublik. Eine Emotionsgeschichte, Hanser Verlag, 416 Seiten, 25,00 Euro, ISBN 978-3-446-26928-6.

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