Frankfurt/Wien. Friede den Möpsen, Kampf den Windhunden? Luise probt den Aufstand gegen das Establishment mit der Wahl ihres Haustieres. Man hat es eben nicht leicht als Politikerinnentochter.

Ein Mops namens Marx als vierbeiniger Protest gegen die erzreaktionäre Mama, die nicht nur Windhunde hält, sondern zufällig österreichische Bundespräsidentin ist: Das ist der kleine Aufstand von Luise, der Ich-Erzählerin in Mercedes Spannagels Debütroman "Das Palais muss brennen".

Die Auseinandersetzung mit politischen Überzeugungen, die im 21. Jahrhundert recht ewiggestrig wirken - das ist ja nicht nur in der Alpenrepublik eine durchaus aktuelle Erfahrung. Der Generationskonflikt zwischen einer korrupten rechten Elite und ihrer rebellischen Brut fällt gleichwohl undogmatischer aus als etwa die Revolte der 68er Bewegung. Vielleicht liegt es an dem von den Nachwuchsrevoluzzern gepflegten hedonistischen Lebensstil.

Ich-Erzählerin Luise soll eigentlich Jura studieren, begreift sich aber vor allem als Protest gegen die Werte ihrer Mutter. Ihre Schwester Yara, die das Kunststudium ohne Wissen der Mutter geschmissen hat und jetzt in einem Tätowierstudio arbeitet, ist mittlerweile zu depressiv zum Revoltieren. Wirklichen Aktivismus entfaltet allerdings auch Luise eher in ihrem Liebesleben. Sie verliebt sich zwar in die sportliche Jurastudentin Sef, lässt aber auch ihre On-Off-Beziehung Jo nicht fallen, der sich bisher nicht binden wollte. Dass Sef mehr für sie ist als nur ein Protest gegen die Mutter, erkennt sie erst, als sie sie fast verloren hat.

Der Sprachwitz des Buches entfaltet sich eher in der Länge von Twitter-Nachrichten als in einem kontinuierlichen Fluss. Etwa wenn Luise einem Burschenschaftler "Mensur ist Menstruationsneid" entgegenschleudert. Oder wenn Spannagel Sprachbilder zeichnet wie: "Unsere Herzen waren dicke Kinder, die auf dünnem Boden sprangen. Alles bebte." Das klingt originell, geradezu poetisch. Aber über weite Strecken hinweg besteht die Rebellion der Kinder der rechten Eliten aus Sex, Drogen und Phrasen, nichts davon besonders originell.

Luise mag sich für eine Rebellin halten, die gegen das Establishment kämpft. Doch letztlich ist sie eine privilegierte Tochter und hat es aufgrund dieses Status nicht nötig, zu kämpfen oder sich anzustrengen. Ihr fehlt schlichtweg der Elan, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, lieber lässt sie sich von der Köchin im Präsidentenpalais mit Trüffelpommes versorgen.

Die reizvolle Ausgangsidee fällt in diesem Romandebüt in der Umsetzung dadurch eher enttäuschend aus. So ist eben auch Luise letztlich gefangen in ihrer eigenen Welt und muss nur dank eines Korruptionsskandals, an dessen Aufdeckung sie nicht ganz unbeteiligt war, lernen, auf eigenen Füßen zu stehen. Denn ihre Mutter, die der Skandal das Amt kostet, macht den Neuanfang nur mit ihren neun Windhunden. Da kommt dann doch ein bissiger Seitenhieb auf die zweite Laufbahn von Politikern nach dem öffentlichen Amt: Sie geht als Beraterin nach Russland, "Öl oder Krieg", es sei ja eh fast dasselbe.

- Mercedes Spannagel: Das Palais muss brennen, Kiepenheuer & Witsch, 192 Seiten, 18,00 Euro, ISBN 978-3-462-05509-2.

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