Hansa Theater

Was für eine Show! Aus Havanna bis ins Hansa

| Lesedauer: 6 Minuten
Stefan Reckziegel
Hat Son und Salsa im Blut: Posaunist Jesus „Aguaje“ Ramos (71) war 20 Jahre lang musikalischer Leiter des Buena Vista Social Clubs und hat viel Hamburg-Erfahrung.

Hat Son und Salsa im Blut: Posaunist Jesus „Aguaje“ Ramos (71) war 20 Jahre lang musikalischer Leiter des Buena Vista Social Clubs und hat viel Hamburg-Erfahrung.

Foto: MayRStudio

Jesus „Aguaje“ Ramos war Musik-Direktor des Buena Vista Social Clubs. Nun feiert er mit der Revue „Varieté de Buena Vista“ Uraufführung.

Hamburg.  Im Hansa-Theatersaal hämmern und ziehen Arbeiter und Techniker fleißig am Boden der Bühne. Ein in den Saal hineinragender Steg, auf dem Notenständer stehen, ist bereits fertig. Bald ein Platz für überaus versierte und weit gereiste Musiker.

Derweil haben es sich Toby Gough und Jesus „Aguaje“ Ramos auf zwei Stühlen im Foyer bequem gemacht. Gough trägt Jeans, und einen Kapuzenpullover, Ramos ist mit seiner silbern glänzenden Fliege, seinem hellen, fliederfarbenen Anzug und schwarz-weißen Lederschuhen der Hingucker. So äußerlich unterschiedlich die beiden Männer erscheinen, das Projekt „Varieté de Buena Vista“ verbindet sie.

Neue Show kommt aus Havanna nach Hamburg

An der Show, die am Montag Uraufführung im Hansa-Theatersaal feiert, sind beide maßgeblich beteiligt. Der walisische Weltbürger Gough hat mit der von ihm inszenierten Musik- und Tanzshow „The Bar at Buena Vista““ weltweit mehr als eine Million Menschen erreicht; sie gastierte mehrmals im St. Pauli Theater und in den früheren Fliegenden Bauten. Auch mit der kubanischen Show „Lady Salsa“ sorgte Gough für heiße Nächte auf dem Kiez.

Seine neue Revue, produziert von St.-Pauli-Theater-Eigentümer Thomas Collien, ist eine kubanisch-kolumbische Mischung aus Artistik, Tanz und mitreißender Musik. Und die hat Aguaje“ Ramos – sein Spitzname heißt auf Deutsch „Tränke“ oder auch „Wasserstelle“ – im Blut.

Der 71 Jahre alte Posaunist spielte lange mit seinen kubanischen Landsleuten Ibrahim Ferrer, Compay Segundo und Ruben Gonzales. Sie waren mit dem Album „Buena Vista Social Club“ des US-Gitarristen Ry Cooder und des Band-Gründers Juan de Marcos Gonzalez 1996 bekannt geworden, dank Wim Wenders’ gleichnamigem Dokumentarfilm danach mit ihrer traditionellen kubanischen Musik international populär. Zwei Jahrzehnte lang war Ramos Musikalischer Leiter des ursprünglichen Buena Vista Social Clubs, begleitete die Legenden danach auch bei ihren späten Solokarrieren.

Musiker „Aguaje“ Ramos – mit Orquesta Buena Vista Social Club auf Stadtparkbühne

Bis 2015 spielte „Aguaje“ Ramos als Leiter des Orquesta Buena Vista Social Club fast jeden Sommer auf der Hamburger Stadtparkbühne, auch mit der Sängerin Omara Portuondo (heute 92). Sie verkörperte den Musikstil Son wie kaum eine andere. Daran erinnert sich Ramos gern beim Gespräch. „Und es wird ja hier in der Stadt auch jeden Tag etwas wärmer“, sagt er lachend auf Spanisch.

Wie aber kamen er und Gough zusammen? Der Theater-Tausendsassa lebt seit 30 Jahren (auch) auf Kuba In Havanna betreibt Gough ein indisches Restaurant, und als er mal für einen besondere Abend in seinem Lokal Musiker suchte, spielte „Aguaje“ Ramos mit ein paar Kollegen – zur besten Unterhaltung der Gäste. Das hatte Gough nicht vergessen, als es galt, das „Varieté de Buena Vista“ musikalisch mit Leben zu erfüllen

Ramos spielte in Monte Carlo mit Donna Summer, Dionne Warwick und George Benson

Und was ein langes Sommer-Gastspiel wie das in Hamburg betrifft, kann sich Ramos auf einen reichen Erfahrungsschatz stützen. Als vor Jahren mal ein Posaunist im Casino von Monte Carlo ausfiel, sprang „Aguaje“ ein. Im Fürstentum Monaco spielte er für und mit Donna Summer, Dionne Warwick und George Benson. Was es gebracht hat? „Auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit – und gutes Geld“, erzählt Ramos. Weil er im Ausland auftrat, berichtete die kubanische Presse über ihn. „Und ich konnte danach auch mit großen Orchestern spielen.“ Inzwischen gilt Jesus „Aguaje“ Ramos als einer der letzten großen Blechbläser seiner Heimat.

Die Tradition des Son, der original kubanischen Musik der 1940er- und 50er-Jahre, möchte er trotz der großen Bandbreite bei „Varieté de Buena Vista“ bewahren. „Die Musik geht direkt ins Herz – und ins Bein“, erklärt Ramos und wippt lachend mit dem rechten Fuß. Und Toby Gogh schwärmt: „Wir werden die Magie des Nachtlebens von Havanna wiedererwecken.“

„Varieté de Buena Vista“ mit Grammy-Preisträger

Jetzt ist es ein Spektakel , eine Show für eine größere Bühne“, weiß Ramos, nun Teil der siebenköpfigen Band, um den Unterschied zum puren Konzert. Zu den drei Stimmen zählt mit Grammy-Preisträger Pedrito Calvo (81) einer der bedeutendsten und charismatischsten Sänger Kubas. Zudem begleiten Ramos und Co. drei mehrfach international prämierte Salsa-Tanzpaare aus Kolumbien sowie bei vier Nummern fünf kubanische Artisten.

„Agujae“ Ramos betont: „Unsere Musik ist genauso gelebte Geschichte wie das Theater hier. Es hat auch seine Historie, das verbindet beide“, sagt er, noch bevor er mit seinen Kollegen im seit 1953 unveränderten Hansa-Theatersaal losgelegt hat. Und „Aguaje“ Ramos hat mit dem Buena Vista Social Club schon in der New Yorker Carnegie Hall, in Ronnie Scott’s Jazz Club und in der Royal Albert Hall in London gespielt.

Auf der Probebühne im Haus gleich neben dem Hansa wird an diesem Nachmittag nicht mehr geprobt. Statt seines Instruments holt „Aguaje“ Ramos noch einen seiner 60 (!) schicken Anzüge hervor und zeigt stolz einen roten. In den Hansa-Theatersaal wird mit ihm gewiss auch optisch Feuer einziehen.

„Varieté de Buena Vista“ Voraufführungen Fr 9./Sa 10.6., So 11.6., Premiere Mo 12.6.,19.30, bis 2.9., Di–Sa 19.30, So 15.00, Hansa-Theatersaal (U/S Hbf.), Steindamm 17, Karten zu 49,90 bis 69,90 in der Hamburger-Abendblatt-Geschäftsstelle, Großer Burstah 18-32, T. 040/30 30 98 98; www.hansa-theater.com