„Wir haben nach der langen Pause aufgetänkt und generallubeholt“ radebrechte Mike Rutherford zur Begrüßung seiner Fans am Sonntagabend im bestuhlten und ausverkauften Stadtpark. Vier Jahre lang waren der ehemalige Genesis-Gitarrist und seine Mechanics wegen der Corona-Pandemie nicht mehr in Deutschland gewesen, jetzt sind sie unter dem Motto „Refueled!“ – also „Aufgetankt!“ wieder auf Konzertreise durch Europa.
Im Stadtpark: Genesis-Hits und der Sohn von Phil Collins am Schlagzeug
Rutherford, inzwischen 72 Jahre halt, hat seine Mechaniker vor ein paar Monaten auch noch deutlich verjüngt. Am Schlagzeug sitzt jetzt der erst 22 Jahre alte Nic Collins, Sohn von Rutherfords ehemaligem Bandkollegen Phil. Die Verwandtschaft zwischen beiden wurde bei der Vorstellung der Bandmitglieder nicht erwähnt.
Nic Collins zeigte sich als versierter Trommler, dem die Fußstapfen seines Vaters bei Weitem nicht zu groß sind. Welch exzellenter Drummer er ist, konnte er bei der Zugabe zeigen, als jeder der sechs Musiker einen Solopart spielen durfte. Der junge Mann überzeugte mit knallhartem, versiertem Spiel. Besonders die Bassdrum bearbeitete er mit irrwitzig hohem Tempo.
Auch der 1978er-Hit „Follow You Follow Me“ war zu hören
Überhaupt spielte Genesis an diesem sonnigen, aber nicht lauen Sommerabend eine größere Rolle als sonst. Vier Songs aus unterschiedlichen Phasen hatte Rutherford auf die Setliste gepackt. Bei „Jesus He Knows Me“, Phil Collins’ Abrechnung mit den amerikanischen TV-Predigern, die den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen, kam zum ersten Mal Bewegung in die Stuhlreihen. Die Nummer hat so viel Schwung und Tempo, dass man einfach mittanzen muss – was im Sitzen schwierig ist.
„Follow You Follow Me“, 1978 von Rutherford nach Peter Gabriels Weggang geschrieben, spielte das Sextett in einer akustischen Version, ebenso wie „Invisible Touch“. Ein weiterer Höhepunkt des Abends war die Interpretation von „I Can’t Dance“, das Rutherford allein auf der Bühne mit den bekannten Gitarrenriffs begann und seine Bandkollegen nach und nach aus dem Backstage zurück auf die Bühne kamen.
Sänger Andrew Roachford war ein weiteres Plus dieses starken Konzerts
Rutherford kann sich glücklich schätzen, dass er einen Sänger wie Andrew Roachford in seiner Band hat. Dessen Song „Cuddly Toy“, schon 1988 herausgekommen, wurde ein weiteres Highlight des mehr als zweistündigen Konzerts. Roachford ist ein Sänger in der Tradition afroamerikanischer Soul-Entertainer, der mit Witz und Charme jedes Publikum um den Finger wickeln und zum Mitmachen animieren kann. Ebenso wie sein Song scheint auch er nicht gealtert zu sein. Bei „Cuddly Toy“ brachte er die Zuhörer zum Tanzen, die anschließenden Ballade „The Living Years“ sang er mit viel Seele, viele im Rund unterstützten ihn bei dem nicht einfachen Refrain.
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Dramaturgisch geschickt hatte Rutherford Kracher wie „All I Need Is A Miracle“, „Over My Shoulder“ und „Word Of Mouth“ am Ende des Programms platziert. Die Band gab noch einmal Gas, brillierte mit Soli, die Fans sangen begeistert mit und es schien, als sei der Mechanics-Tank noch lange nicht leer.
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