Hamburg. Die Hamburger Komponistin Gloria Bruni hat eine Oper geschrieben, die sich mit den ganz großen Fragen der Menschheit beschäftigt. Wie hat eigentlich alles angefangen? Wo kommen wir her? Wo gehen wir hin? Wesentlich Fragmente von „Creazione – Schöpfung“ werden an diesem Donnerstag in der Hauptkirche St. Katharinen aufgeführt, es spielen die Symphoniker Hamburg unter der Leitung von Wolf Kerschek, es singen die Internationale Chorakademie und ein Chor des Forschungszentrums DESY.
Hamburger Abendblatt: Frau Bruni, DESY unterstützt die Aufführung von „Schöpfung“, was hat denn Teilchenphysik mit Ihrer Musik zu tun?
Gloria Bruni: Nachdem mich ein Freund, der Designer und Bühnenbildner Peter Schmidt, vor vier Jahren gefragt hatte, warum ich nicht mal ein Stück zum Thema „Schöpfung“ komponiere, kam ich eines Tages ins Gespräch mit einer Mitarbeiterin des Forschungszentrums DESY und fragte sie, was denn nach ihrer Ansicht der Anfang von allem sei. Sie setzte an mit den Worten „Ich glaube ...“ – und da war der Schritt von der Wissenschaft zum Glauben getan. Die Ouvertüre habe ich so konzipiert, dass da am Anfang nichts ist, dann kommt etwas, die ersten Elektronen, irgendwann wird daraus das große Ganze, ein komplettes Universum. Beate Heinemann, die Direktorin für Teilchenphysik am DESY, war von meiner Idee sehr angetan und sagte sofort: Wir unterstützen das!
Gloria Bruni: Bei DESY gibt es jetzt einen Chor aus Physikerinnen und Physikern
Es gibt vor der Aufführung ein Gespräch zwischen Vertretern des Glaubens, der Wissenschaft und der Kultur. Sehen Sie da eine gemeinsame Schnittmenge?
Natürlich, und ich denke, wenn es um die allerersten Dinge geht, dann kann die Musik mit ihrer Imaginationskraft Brücken bauen und etwas ausdrücken, das sich mit Worten allein nicht sagen lässt. Ich glaube, wir haben uns gegenseitig befruchtet: Ich habe als Christin aus den Gesprächen mit den DESYanern viel mitgenommen, und es hat sich bei DESY jetzt auch ein Chor aus Physikerinnen und Physikern gebildet, der beim Konzert zu hören sein wird.
Sind Sie zu grundlegenden neuen Erkenntnissen gekommen?
Je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr stelle ich fest, dass ich gar nichts weiß. Das wird Ihnen auch jeder Wissenschaftler sagen: Je mehr Sie in die Tiefe gehen, desto mehr Fragen tun sich auf. Das Nachdenken darüber macht mir großen Spaß – und meine „Schöpfung“ fängt übrigens vor dem Urknall an.
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Was war denn davor?
Das verrate ich vorab nicht, das erfahren alle Besucherinnen und Besucher beim Konzert. Was ich verraten kann: Die Glocken der Hamburger Hauptkirchen sind Teil des Stücks. Für ein geplantes Open-Air-Konzert hatte ich mir vor Jahren schon mal von Physikern ausrechnen lassen, wie lange ein Ton von jeder einzelnen Kirche zum Spielort in Hamburg braucht, wenn ich live läuten lasse. Aber die Aufführung jetzt findet ja in St. Katharinen statt, da kommen die Glocken dann vom Band.
„Schöpfung – Fragmente“ Do 27.4., 19.00, Hauptkirche St. Katharinen, Karten zu 10,- bis 65,- unter katharinenkirche.reservix.de und unter T. 0761/88 84 99 99
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