Hamburg. Acht Jahre sind vergangen, seit Julia Roberts und George Clooney zuletzt zusammen auf der Leinwand zu sehen waren. In Jodie Fosters „Money Monster“ spielte Clooney einen Finanzguru, der im Fernsehen Anlagetipps gibt – und Julia Roberts seine Regisseurin. Das war eine beißende Satire mit hochaktuellen Bezügen zu den Auswüchsen auf den Finanzmärkten.
Im Vergleich dazu nimmt sich die Wiederbegegnung der beiden Superstars fast wie eine Weltflucht aus, eine entschiedene Abkehr von den deprimierenden Händeln der Gegenwart. Der Titel sagt es ja schon: „Ticket ins Paradies“.
Und warum auch nicht? Regisseur Ol Parker, der 2018 mit dem Musicalfilm „Mamma Mia! Here We Go Again“ Erfolge feierte, hat in Interviews erzählt, wie die Corona-Pandemie seine Arbeit beeinflusste: „Die Welt hatte sich völlig verändert. Ich überlegte, was ich als nächstes schreiben und woran ich arbeiten wollte, und da kam mir etwas in den Sinn, das die Leute glücklich machen würde – etwas Fröhliches und Optimistisches. Romantische Komödien bringen ein großes Publikum zusammen, um gemeinsam miteinander zu lachen, und nach ein paar schweren Jahren erschien mir das wie eine ganz wundervolle Sache für die große Leinwand.“
Kino Hamburg: David und Georgia sind sich seit Jahren in Abneigung verbunden
Fröhlich und optimistisch – in diesem Fall heißt das vor allem: schön, und das nicht nur in Bezug auf die beiden hochattraktiven und immerzu bestens gekleideten Hauptakteure. Bali bildet die Kulisse dieser romantischen Komödie, und man mag angesichts der Opulenz, mit der hier Palmen, Strände und Sonnenuntergänge ins Bild gesetzt werden, eigentlich gar nicht glauben, dass die Dreharbeiten tatsächlich im australischen Queensland stattgefunden haben.
In diese elysischen Gefilde verschlägt es jedenfalls die junge Lily (Kaitlyn Dever). Sie ist die Tochter von David (George Clooney) und Georgia (Julia Roberts), die sich vor mehr als 20 Jahren haben scheiden lassen und einander in herzlicher Abneigung verbunden sind. Lily möchte nach dem Abschluss ihrer Ausbildung zusammen mit einer Freundin eine Auszeit vor Instagram-tauglicher Kulisse nehmen, um dann, in die USA zurückgekehrt, als Anwältin durchzustarten.
Kino Hamburg: Hauptcharakterin verliebt sich Hals über Kopf
Aber es kommt anders als geplant: Auf offener See stellen die beiden jungen Frauen fest, dass ihr Ausflugsschiff ohne sie weitergefahren ist. Doch es naht ein schöner Retter auf seinem Boot: der balinesische Algenfarmer Gede (Maxime Bouttier), in den sich Lily sogleich Hals über Kopf verliebt – und der sie auf den Gedanken bringt, ihren Lebensplan über den Haufen zu werfen und ihn zu heiraten.
Absehbar, dass ihre Eltern das für eine Schnapsidee halten und sich gleich auf den Weg machen, um die Tochter von ihrem Sturz ins mutmaßliche Unglück abzuhalten. Und so müssen David und Georgia, die es schon kaum ertragen können, auch nur nebeneinander zu sitzen, plötzlich an einem Strang ziehen.
Kino Hamburg: Das Ende des Film ist schnell erkennbar
Weil Lily schon immer ihren eigenen Kopf hatte, versuchen sie es zunächst mit strategischer Affirmation: Auf dem Weg der übermäßigen Unterstützung der Tochter sollen bei ihr die Zweifel am eigenen Vorhaben genährt werden. Schade nur, dass sie sich in diesem Fall ihrer Sache sehr sicher ist und sich über den unerwarteten Zuspruch der beiden nur freuen kann.
Warum also nicht zu etwas handfesteren Methoden greifen, zum Beispiel die Hochzeitsringe verschwinden lassen? David und Georgia ist fast jedes Mittel recht, um Lily zurück auf ihren alten Karriereweg zu lotsen. Und natürlich kommen sie sich dabei, wie man sich denken kann, wieder näher.
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Der smarte Flugkapitän Paul (Lucas Bravo), mit dem Georgia eigentlich zusammen ist, wird sich im Lauf des Films im selben Maße zur Witzfigur entwickeln, wie alte Gefühle der Geschiedenen wieder zu lodern beginnen. Man braucht keine zehn Minuten im Kino, um das Ende des Films präzise vorhersagen zu können.
Kino Hamburg: Romantische Komödie wie aus der Zeit gefallen
Aber romantischen Komödien wie dieser ging es ja auch nie um ein überraschendes Finale, sondern um den Weg dahin, der im besten Fall von guten Pointen und viel Wohlgefühl gesäumt ist.
Von Letzterem hat dieser Film im Übermaß zu bieten. Er nimmt sich zeitweise aus wie eine Werbebroschüre für einen Urlaub am Indischen Ozean, und die Ausstattung verrät ein profundes Interesse an der balinesischen Kultur mitsamt ihrer Rituale.
Das ist schön fürs Auge, nur wäre auch das Ohr gern besser eingebunden gewesen: Denn so hübsch es ist, Roberts und Clooney beim Streiten zuzusehen, so häufig ist doch auch das Haltbarkeitsdatum ihrer Pointen überschritten. Vieles meint man schon in anderen Filmen radikaler und mutiger gehört zu haben, und so wirkt dieser Film ein wenig wie aus der Zeit gefallen.
Kino Hamburg: Ein Film wie ein Kurzurlaub
Und so muss man ihn am Ende wohl auch verstehen: Als Reminiszenz und Hommage an die späten Neunziger und frühen Nullerjahre, als Filme wie „Notting Hill“ (1999) oder „Tatsächlich...Liebe“ (2003) Erfolge feierten und der Gang ins Kino zum Kurzurlaub wurde. Ein Kurzurlaub, der sich gut anfühlt, solange er dauert, danach aber wieder schnell in Vergessenheit gerät. Harmlosigkeit ist hier kein Mangel, sie gehört zum Geschäftsmodell. Wer das weiß, kann sorglos ein Ticket ins Paradies buchen.
„Ticket ins Paradies“ 104 Minuten, ab 6 Jahren, läuft in der Astor FilmLounge, in den Cinemaxx- und UCI-Kinos, im Hansa-Studio und im Passage
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