Musikstudio Hamburg

In Wandsbek: Das ist der perfekte Ort zum Musikmachen

| Lesedauer: 6 Minuten
Birgit Reuther
Gemütliches Beisammensein: Anne de Wolff (l.), Tokunbo und Ulrich Rode im BluHouseStudio, wo das neue Album der Sängerin entstand.

Gemütliches Beisammensein: Anne de Wolff (l.), Tokunbo und Ulrich Rode im BluHouseStudio, wo das neue Album der Sängerin entstand.

Foto: Michael Rauhe / Funke Foto Services

Fernab der Szene-Hotspots bietet das BluHouseStudio im eher verträumten Wellingsbüttel seine Dienste an – mit großem Erfolg.

Hamburg. Musik hat verbindende Kraft. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten. Und es gibt Lieder, denen ist unmittelbar anzuhören, dass sie in einem besonders innigen Miteinander entstanden sind. Wenn der Gesang ganz nah klingt. Wenn die Instrumente sehr fein und selbstverständlich zueinanderfinden. Und wenn eine Atmosphäre mitschwingt, als öffne sich ein sonnendurchfluteter Raum.

Wie bei „Golden Days“, dem neuen Album der Musikerin Tokunbo. Ihre wunderbar warmen Songs zwischen Country, Folk und Pop atmen den Spirit des Ortes, an dem sie maßgeblich entstanden sind – dem Hamburger BluHouse­Studio. Diese außergewöhnliche Wirkungsstätte liegt nicht szeneaffin auf St. Pauli oder in der Schanze, sondern am Stadtrand, mitten in einem Wellingsbüttler Wohngebiet.

Musikstudio Hamburg: Besonderer Ort zum Musizieren

„Beim Einzug haben wir uns als Erstes nebenan vorgestellt und erklärt, was wir machen“, sagt Anne de Wolff, die das BluHouseStudio gemeinsam mit ihrem Mann Ulrich Rode betreibt. Die Nachbarn seien absolut hinreißend und würden sich immer mal wieder nett erkundigen, wer denn da gerade spiele. Und die Gäste in dem Haus, das tatsächlich in blauer Farbe hinter einigem Grün hervorlugt, können sich sehen und hören lassen. Denn längst ist das BluHouseStudio eine Art ewiger Geheimtipp in der Musikszene. Wolfgang Niedecken etwa hat dort mit seiner Band das jüngste BAP-Album aufgenommen. Zudem schwören viele auf die akustischen Veredelungskünste des Paares.

Anne de Wolff hat als Multiinstrumentalistin bereits zahlreiche Pop-Produktionen und Konzerte mit ihren Klängen und Arrangements emotional aufgeladen. Von Revolverheld bis Helene Fischer, von Ulrich Tukur bis Calexico. Ulrich Rode wiederum ist nicht nur als Produzent, sondern auch als Gitarrist gefragt – unter anderem für Bosse, Mark Forster, Anna Depenbusch sowie für das TV-Format „Sing meinen Song“. In der neunten Staffel wird Johannes Oerding erneut Gastgeber sein. Ein Künstler, mit dem Anne de Wolff und Ulrich Rode schon lange vertrauensvoll zusammenarbeiten.

BluHouse: Studio mit lauschigem Gartenblick

„Alle, die zu uns kommen, kennen wir bereits seit Jahren oder Freunde haben sie uns empfohlen“, sagt Anne de Wolff und lächelt freundlich. Eine Akquise, die über Charisma funktioniert. Hinter ihr erstreckt sich ein heller Wintergarten. Pflanzen, Piano und Kamin sowie jede Menge guter Schwingungen.

„Hier proben wir, spielen Sessions und essen gemeinsam“, erzählt Ulrich Rode, ein energiegeladener und zugleich entspannter Typ. Im BluHouse tickt nicht die Uhr und verweist auf eine pro Stunde abgerechnete Studiomiete. Vielmehr gilt das Prinzip des kreativen Zusammenlebens. „Wir sind eher wie eine dänische Ferienhütte“, sagt Ulrich Rode lachend – und ergänzt dann: „Die Gespräche, zum Beispiel über Songtexte, gehen dann auch mal eine Etage tiefer.“‟

Einige Schritte über den Flur hinweg befinden sich die kleinen Räume für Aufnahmen und Regie. Mit lauschigem Gartenblick. Verschiedene Geigen ruhen in ihren Kästen, Schlagzeugsticks füllen einen Korb, ein Cello liegt auf dem Boden, und ein Harmonium wartet auf seinen Einsatz. Mitten im Raum steht Tokunbo am Mikrofon und stimmt noch mal einen ihrer Songs an, die sie hier fertiggestellt hat. Samtig und eindringlich. Ulrich Rode lauscht aufmerksam vom anderen Zimmer aus. Auf seinem Tisch ein Rechner und einige Vorverstärker – mehr nicht. Schmales Besteck.

„Anne hat dem Album Feenstaub hinzugefügt“

„Für mich ist das BluHouseStudio wie ein Nachhausekommen. Ein Ort, der dazu einlädt, seinen eigenen künstlerischen Ausdruck zu finden“, sagt Tokunbo und strahlt. Sie liebt das intime Setting, das nicht einschüchtert wie so manches wuchtige Studio. Besonders angetan ist sie von der Sensibilität, mit der Ulrich Rode ganz unterschiedliche Nuancen aus ihrem Gesang herausholt. „In der Musik gibt es immer das Risiko der schwankenden Tagesform. Hinzu kommt der innere Zensor. Ulrich findet immer die richtigen Worte, damit ich loslassen und meine Stimme öffnen kann“, erklärt Tokunbo.

„Und Anne hat dem Album dann sehr viel Feenstaub hinzugefügt“, sagt Ulrich Rode. Mit Bratsche, Posaune oder Vibrafon erzeugt sie Details und Melodien, die dem Sound nun ein magisches Funkeln verleihen. Etwa in der Nummer „See You Fly“, die Tokunbo als Mutmachsong für ihren Sohn geschrieben hat. Und in der die Streicher weniger für Drama stehen, sondern vielmehr eine umarmende, liebevolle Rolle einnehmen.

Gemeinsames Studium in Hannover

„Letztlich ist Musikproduktion ein permanentes Entscheiden“, sagt Ulrich Rode. Und wenn ein Song mal zu überfrachtet wirkt, helfe es immer, sich auf die Kernaussage zu besinnen. Auf die Stimmung, die den Stücken zugrunde liegt. „Golden Days“ etwa ist ein Album, das sich der Welt immer weiter geöffnet hat. In ihrem Gartenhäuschen zu Hause in Hannover hatte Tokunbo angefangen, an den Songs zu schreiben. Mitten im Lockdown. Zurückgeworfen auf sich selbst. Erinnerungen stiegen hoch. Verluste wurden spürbar. Und mit ihnen die Frage, wie sich das eigene Leben erfüllt und hoffnungsvoll leben lässt.

Mit ihren Entwürfen traf sich Tokunbo dann mit Ulrich Rode. Und mit Produzent Matthias „Maze“ Meusel. In dessen Boxhornstudio, einem umgebauten Schweinestall im Niedersächsischen, arbeiteten sie gemeinsam weiter an dem Album. Die drei kennen sich noch vom Studium an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover. Ein lange gewachsenes Netzwerk. Eines, das hält und zugleich transparent genug ist, um neues Licht hineinzulassen.

Gute Musik kann überall entstehen

Im BluHouse Studio reifte „Golden Days“ schließlich zum Gesamtkunstwerk. Denn Anne de Wolff machte zudem die Fotos für das Album. Bilder, die ein lichtes Country-Feeling vermitteln. Sehr eindrücklich kann sie davon erzählen, wie sich die Künste ergänzen: „Wenn ich Musik spiele und höre, gehen bei mir sofort Räume auf, und es entsteht etwas Visuelles.“ Alles ist mit allem verbunden. Und gute Musik kann überall entstehen. Auch in Wellingsbüttel. Hauptsache, die richtigen Menschen sind vor Ort.

Anne de Wolff: annedewolff.de

Ulrich Rode: ulrichrode.com

Tokunbo: tokunbo.de