Theaterkritik

Robin Hood auf Horner Rennbahn – Vorbote des Kultursommers

| Lesedauer: 3 Minuten
Stefan Reckziegel
Die Sattelboxen als Gefängnis: Robin Hood (Jascha Schütz, l.) erwartet von König John (Andreas Püst) sein Todesurteil.

Die Sattelboxen als Gefängnis: Robin Hood (Jascha Schütz, l.) erwartet von König John (Andreas Püst) sein Todesurteil.

Foto: Theater das Zimmer 2021

Theater das Zimmer feierte auf der Horner Rennbahn mit seinem Stück über die englische Sagen-Gestalt sehr gelungene Freiluft-Premiere.

Hamburg. In guten alten, in Vor-Corona-Zeiten tummelten sich hier im Juli Zehntausende. Noch eine Woche zuvor kamen immerhin die maximal erlaubten 1000, um auf der Horner Rennbahn das 152. Deutsche Derby zu erleben. An diesem Sonnabend nun heißt es weder Galoppieren noch Zocken, sondern Genießen und Zuschauen. Wobei Geld und Gold bei „Robin Hood“ ja auch eine Rolle spielen. Zum ersten Mal ist das Theater das Zimmer von der nahen Washingtonallee auf der Horner Rennbahn - und der englische Vorreiter in Sachen Gerechtigkeit ist quasi Vorbote des Kultursommers Hamburg, der offiziell am Donnerstag, 15, Juli, beginnt. Zeit für Open Air.

Zwei musizierende Gaukler (Eva Langer, Helmut Fuchs Bardun) nehmen das Publikum im Wandsbeker Bogen mit auf die Reise. Die Rails sind keine Hindernisse, und das bunt gekleidete Dutzend Frauen und Männer, das eben noch auf dem Geläuf vor der Haupttribüne stand, entpuppt sich nun im Innenbereich der Bahn als Volk Nottinghams, verkörpert von der Bürgerbühne Horn.

Robin Hood macht Horner Rennbahn zum Sherwood Forest

Doch dieser „Robin Hood“ bietet nicht etwa Laientheater. Regisseur Lars Ceglecki und Lisa Gappel haben mit sieben weiteren professionellen Schauspielern eine gut 90-minütige Freiluftfassung mit einigen aktuellen Anspielungen kreiert, die dem selbst gewählten Begriff „Sommerspektakel“ - sofern es Corona-Sicherheitsabstände und geschlossene Getränkebuden zulassen - durchaus nahekommt.

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Der Führring, einer der wichtigsten Orte der Rennbahn, an dem sich sonst Pferde, Jockeys, Trainer und Besitzer zeigen, ist mit seinem gepflegten Rasen das ideale Domizil des neuen Königs, von Andreas Püst dynamisch herablassend gespielt. Er bekommt Champagner, drangsaliert indes sein Volk und hat mit dem Sheriff (Stephan Arweiler) einen skrupellosen Geldeintreiber. Bis Robin Hood (Jascha Schütz) auf den Plan tritt und die parkähnliche Horner Rennbahn mit ihren teils wilden Pflanzen und kleinem Teich in diesem schönen Stück Wandertheater endgültig zum Sherwood Forest macht.

Slogan „Aus Liebe zum Spiel“ in neuem Licht

In des Königs Nichte Lady Marian (charmant-rebellisch: Neele Schmidt) und der Köchin (fein: Erika Döhmen) gewinnt der Vorkämpfer für soziale Gerechtigkeit weibliche Verbündete. Bei diesem „Robin Hood“ fließen die Szenen ineinander, da fliegen nicht nur Worte hin und her, auch Federbälle; Ausstatterin Anabel Fröhlich leistet an den einzelnen Schauplätzen überzeugende Detailarbeit fürs Theaterstück. Und der an einem verwaisten Totalisator zu lesende Slogan eines Wettanbieters (er-)scheint ob der warmen Abendsonne in ganz neuem Licht: „Aus Liebe zum Spiel.“

Gut 50.000 Euro hat das Theater das Zimmer aus dem Neustart-Fonds des Bundes, vom Kultursommer Hamburg und einer Stiftung für sein bisher größtes Projekt erhalten. Hamburgs kleinste Bühne (40 Plätze) zeigt, dass sie etwas damit anzufangen weiß. Bei 35 Premieren-Besuchern und vier Zaun-, besser gesagt Hotelgästen aus dem die Rennbahn säumenden Hotel geht gewiss noch mehr. Draußen in Horn ist schließlich genug Platz.

„Robin Hood“ bis 1.8., jew. Fr/Sa/So, 19.00, Horner Rennbahn, Rennbahnstr. 96, zwischen Haupteingang und Jugendherberge, Karten zu 25,- bis 35,- unter T. 73 09 15 14 u. im Vvk.