Auftritt bei Böhmermann

Danger Dan und die Kunstfreiheit: Pop wird politischer

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Tino Lange
Danger Dan als Teil der Antilopen Gang beim Konzert 2018 in der Würzburger Posthalle.

Danger Dan als Teil der Antilopen Gang beim Konzert 2018 in der Würzburger Posthalle.

Foto: picture alliance

Der Rapper der Antilopen Gang sorgt mit dem polarisierenden Song „Das alles ist von der Kunstfreiheit gedeckt“ für Wirbel.

Hamburg.  „Wenn ich nicht Lust hätte auf ein Experiment: Mal die Grenzen auszuloten, was erlaubt und was verboten ist. Und will euch meine Meinung hier erzählen: Jürgen Elsässer ist Antisemit, Kubitschek hat Glück, dass ich nicht Bogen schieß‘, an Reptilienmenschen glaubt nur der, der wahnsinnig ist, Gauland wirkt auch eher wie ein Nationalsozialist“: Mit Sätzen wie diesen sorgt der Aachener Rapper Danger Dan alias Daniel Pongratz für Wirbel: Im Stil von Brecht und Weill gießt er mit der Agitprop-Klavierballade „Das alles ist von der Kunstfreiheit gedeckt“ neues Benzin ins Feuer der stets aktuellen Diskussion um die Grenzen von Meinungs- und Kunstfreiheit.

Seit 2009 ist Danger Dan ein Drittel des Hip-Hop-Trios Antilopen Gang. Nicht wenige sortieren die Gang im „Zeckenrap“-Genre mit ein, politisch links orientierten Hip-Hop-Crews wie Neonschwarz und Disarstar aus Hamburg, Waving The Guns aus Rostock oder K.I.Z. aus Berlin, die sich auf und neben der Bühne gegen Faschismus, Rassismus und Sexismus engagieren.

Bereits 2014 sorgte die Antilopen Gang mit dem Titel „Beate Zschäpe hört U2“ für Aufsehen, einem Lied, dass den Rechtsruck in die Mitte und umstrittene Medienkanäle wie KenFM (der eine Abmahnung schickte) thematisierte.

Viele Künstlerinnen und Künstler wuchsen in den „Baseballschlägerjahren“ auf

Aber „Zeckenrap“ war wie auch Punkrock schon immer politisch, ebenso wie regelmäßig ihre Haltung betonenden Mainstream-Stars wie Udo Lindenberg oder Herbert Grönemeyer. Mittlerweile stellen aber auch thematisch bis dato überschaubare Pop-Sänger neue Fragen – etwa Clueso, der in dem Lied „Du warst immer dabei“ von seiner Jugend in Ostdeutschland erzählt: „Hing’ auf der Straße, kein Geld für Parties, und wir rannten vor den Nazis“: Die 90er, die so genannten „Baseballschlägerjahre“, in denen Bandmitglieder von Kraftklub bis Feine Sahne Fischfilet geprägt wurden.

Die meisten Inhalte dieser Art bleiben oft in den entsprechenden Fangruppen und Sozialen Netzwerken. So wie das letzte Album der Antilopen Gang mit dem Titel „Adenochrom“. Das erschien im August 2020 mitten im Corona-Loch ohne Ankündigung und Werbung und verendete auf Platz 56 in den Charts, der Vorgänger „Abbruch Abbruch“ hatte im Januar noch die Top Ten geschafft.

Juristische Grauzone

Danger Dans Alleingang hingegen genießt höchste Aufmerksamkeit, spätestens seit seinem Auftritt am Freitag in Jan Böhmermanns „ZDF Magazin Royale“. Dort präsentierte Danger Dan das Lied begleitet von Starpianist Igor Levit, ebenso ein Freund klarer Worte. Und die sonst aus dem rechten Spektrum gern gestellten Frage, was man überhaupt noch sagen darf, wird nun von Links gestellt.

„Juristisch ist die Grauzone erreicht. Doch vor Gericht mach’ ich es mir dann wieder leicht. Zeig mich an und ich öffne einen Sekt. Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“, ist sich Danger Dan sicher. Denn seit jeher werden moralische, politische und gesellschaftliche Freiheiten und Grenzen der Kunst immer neu hinterfragt, aufgestellt und eingerissen, verhandelt und eingeklagt. Danger Dan singt jetzt ein Lied davon, mehr gibt es auf seinem kommenden Album „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“. Es erscheint am 30. April, Hitlers Todestag. Sicher kein Zufall.