Hamburg. „Ich möchte von Ihnen wissen, welche Formen von Theater Sie begeistern!“ Frau Kleinhaus (Rilana Nitsch) hat Zeit, Theater neu zu denken: Ihre kleine Hinterhofbühne wird renoviert, und solange der Spielbetrieb ohnehin ruht, lassen sich Barrieren abbauen. Und auch Till Feldmann (Andreas Klopp) und Lars Drewes (Felix Theissen) haben Träume: Sie wollen eine nachhaltige Feriensiedlung bauen, im kleinen Ort Seelenheil an der Ostsee. Ein Paradies. Nur dumm, dass die ursprünglichen Bewohner ihr Paradies nicht so gerne teilen würden …
Michael Alexander Müllers Theaterstück „Filetstücke – Wem gehört das Land?“ ist böse, tragisch, komisch. Nicht nur inhaltlich, auch formal: Binnen weniger Szenen wird das Stück von der Künstlertragödie zum Polittheater, vom Schwank zur postdramatischen Studie.
Corona-Experiment mit Hamburger Monsun Theater
Johanna Haase und Francoise Hüsges verschachteln mit ihrer Koproduktion von Berliner Vaganten Bühne und Hamburger Monsun Theater fröhlich weiter: Gespielt wird gleichzeitig in Berlin und Hamburg, auf zwei Ebenen der Konferenzsoftware Zoom.
Manchmal berühren sich die Performances, dann ruft etwa Nitsch aus Hamburg bei Theissen in Berlin an, das Spiel wird für einige Minuten zusammengeführt, dann trennen sich die Ebenen wieder.
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„Filetstücke“: Experiment im Bereich Corona-Theater
Was ästhetisch innovativ daherkommt, tut der Konzentration nicht nur gut: Nach einer Weile hat man ständig das Gefühl, etwas zu verpassen, klickt auf die Nachbarbühne, bekommt auch dort nur Bruchstücke mit. Bei den Vaganten wird exzessiv Körpertheater performt? Schnell gucken. Im Monsun gibt es hermetische Abstraktion?
Gleich zurück. Beinahe verpasst man die reizende Solopassage, in der Theatermacherin Kleinhaus den Bühnenalltag resümiert: „Ich führe Protokolle und sende irgendwelche Berichte an die Behörde.“ Wie immer also. Und doch: Als spannendes Experiment im Bereich des Corona-Theaters ist „Filetstücke“ auf jeden Fall einen Blick wert. In diesem Fall besser zwei.
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