Madrid. Nach über einem halben Jahr Zwangspause sucht der 79-jährige Spanier wieder das Rampenlicht. Er habe noch nie soviel Zeit ohne Singen verbracht, sagte er der Zeitung “El Mundo“.

Nach Vorwürfen mehrerer Frauen wegen sexueller Belästigung und einer überstandenen Corona-Infektion hat Opernstar Plácido Domingo sein Bühnencomeback gegeben.

Der 79-jährige Spanier trat am Samstagabend vor dem Palast von Caserta unweit von Neapel in Süditalien mit Arien aus verschiedenen Opern unter anderem von Giuseppe Verdi und Giacomo Puccini auf. "In meinem ganzen Leben habe ich nie so viel Zeit ohne Singen verbracht", sagte Domingo in einem am Sonntag veröffentlichten Interview der spanischen Zeitung "El Mundo" zur gut halbjährigen Pause. Das Comeback in Italien sei für ihn deshalb "sehr bewegend", betonte er kurz vor dem Auftritt.

Sein bis dahin letztes Konzert hatte Domingo am 19. Februar im kleinen Opera Studio Beckmann in der mexikanischen Gemeinde Tequila gegeben. Am 22. März hatte er dann aus Mexiko mitgeteilt, er sei an Covid-19 erkrankt. Später habe man ihm im Krankenhaus in Acapulco gesagt, sein Zustand sei sehr schlecht gewesen. "Wenn ich nur einen Tag später ins Krankenhaus gegangen wäre, wissen wir nicht, ob ich das überstanden hätte."

Im "El Mundo"-Interview betonte Domingo erneut, seine öffentliche Entschuldigung im Februar an die mutmaßlichen Opfer sei fälschlicherweise als Schuldeingeständnis interpretiert worden. "Wie ich mehrfach erklärt habe, habe ich niemals Übergriffe begangen." Als Person des öffentlichen Lebens habe man "viele Freunde, aber auch viele Feinde, das habe ich zu spät begriffen".

Im Zuge der MeToo-Bewegung hatten Frauen Domingo Übergriffe vorgeworfen. Eine von der Oper in Los Angeles beauftragte Untersuchung kam im März zu dem Ergebnis, dass bestimmte Vorwürfe des "unangemessenen Verhaltens" glaubwürdig seien. Auch eine Untersuchung des US-Verbands der Musikkünstler (AGMA) hatte Vorwürfe von Sängerinnen bestätigt gesehen. Domingo war im Oktober 2019 als Chef der Oper in Los Angeles zurückgetreten.

In vielen Ländern, darunter den USA und auch in seinem Heimatland Spanien, wurden alle seine Auftritte abgesagt. "Wenn man schwere Taten begeht und eingesteht, hat das Folgen für das öffentliche und soziale Leben", wurde Spaniens Kulturminister José Rodríguez Uribes am Wochenende von der Nachrichtenagentur Europa Press zitiert. Aber vielerorts darf sich Domingo noch präsentieren - und den Jubel genießen. In Caserta waren die Eintrittskarten Tage vorher ausverkauft. Die nächsten Auftritte: am 28. und 29. August in Verona und am 9. September in der Wiener Staatsoper. Danach gibt er am 26. September ein Konzert in der Kölner Lanxess Arena. Vor einigen Tagen erhielt der Madrilene im Rahmen der Österreichischen Musiktheaterpreise in Salzburg eine Sonderauszeichnung für sein Lebenswerk.

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