New York. Der Mai ist Rekord-Monat in New York - normalerweise. Bei den traditionellen Frühjahrsversteigerungen der großen Auktionshäuser werden schwindelerregende Preise erzielt. Aber dieses Jahr ist wegen der Corona-Krise alles anders - und die Zukunft ungewiss.

Im Mai purzeln normalerweise die Rekorde in New York. Für rund 111 Millionen Dollar ersteigerte beispielsweise im vergangenen Jahr die Stiftung von SAP-Mitgründer Hasso Plattner das Gemälde "Meules" des französischen Impressionisten Claude Monet (1840-1926).

Die Heuhaufen wurden damit zum teuersten je versteigerten Monet-Bild und zum ersten impressionistischen Werk, das bei einer Auktion mehr als 100 Millionen Dollar einbrachte. Rekord-Preise und Riesen-Schlagzeilen - für die traditionellen Frühjahrsauktionen der großen New Yorker Auktionshäuser Alltag.

Eigentlich sollte das Spektakel in der bevorstehenden Woche wieder über die Bühne gehen. Sotheby's hatte schon ein Triptychon des britisch-irischen Künstlers Francis Bacon (1909-1992) angekündigt, das mehr als 60 Millionen Dollar einbringen sollte. Doch nun ist wegen der Corona-Krise alles anders - und alles ungewiss. Weltweit wurde auf dem Kunstmarkt in der Krise schon vieles abgesagt, oder fand in veränderter und meist kleinerer Form online statt, wie etwa die Art Basel Hongkong.

Die Branchenriesen Sotheby's und Christie's haben die Frühjahrsauktionen erstmal verschoben. Die letzte Juni-Woche ist momentan geplant - "unter der Voraussetzung, dass bestimmte Restriktionen aufgehoben werden, und die zuständigen Behörden zustimmen", wie es von Sotheby's heißt. Und auch dann ginge es nur mit speziellen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen und deutlich mehr Abstand zwischen den Teilnehmern im Saal.

Anstelle der üblichen Frühjahrsauktionen mit Publikum in dieser Woche plant Sotheby's Online-Auktionen, allerdings mit deutlich kleinerem Umfang. Mehr als 20 Millionen Dollar könnten die Versteigerungen der rund 250 Stücke - unter anderem von Brice Marden, Giorgio Morandi oder Yoshitomo Nara - bringen, teilte das Auktionshaus mit.

Insgesamt seien dieses Jahr bei mehr als 40 Online-Auktionen für Kunst, aber auch für andere Wertgegenstände, schon rund 70 Millionen Dollar eingenommen worden. "In dieser nie dagewesenen Zeit haben Sammler weltweit enthusiastisch an unseren Online-Verkäufen teilgenommen und den anhaltenden Appetit des globalen Kunstmarkts demonstriert", sagte Amy Cappellazzo von Sotheby's. Auch Christie's hat die Zahl der Online-Versteigerungen deutlich erhöht.

Die Auktionshäuser geben sich zuversichtlich. "Ich habe schon viele Kunden an der Technologie interessiert gesehen, von denen ich es nie gedacht hätte", sagte Cappellazzo der "New York Times". "Deine Handflächen schwitzen, du hoffst darauf, dass du den Zuschlag bekommst - es ist ein bisschen wie ein Videospiel."

Auf den ersten Blick scheint eine Kunstauktion erstmal leichter ins Internet umzuziehen, als viele andere Angebote. Schon vor der Krise beteiligten sich viele Kunstsammler per Telefon an den Versteigerungen, und viele Auktionshäuser waren sowieso schon dabei, mehr und mehr auf digital umzustellen - um zum Beispiel durch Wegfallen teurer Papier-Kataloge Geld zu sparen, aber auch um neue, jüngere Zielgruppen zu erreichen.

Aber die Erfahrung lehrt bislang auch: Die richtig großen Preise werden online noch nicht erzielt. 2019 machten Online-Auktionen rund neun Prozent der Gesamtverkaufszahlen auf dem Kunstmarkt aus, knapp sechs Milliarden Dollar.

An Rekorde ist bei Corona-Krise und Rezession vorerst wahrscheinlich eher sowieso nicht zu denken. Aber werden die Käufer den Auktionshäusern ins Internet folgen? Sammler, die viele Million Dollar für ein Werk ausgeben, wollen es meistens vorher auch in echt sehen. Und gerade die New Yorker Frühjahrsauktionen sind berühmt und geliebt für ihr Drama - mit Auktionator und Reaktionen des Publikums. Ob das auch im Internet rüberkomme, bleibe abzuwarten, sagt Christie's-Chef Guillaume Cerutti. "Für Online-Verkäufe ist diese Krise ein Moment der Wahrheit."