Hamburg . Der Hamburger Autor Anselm Neft behandelt im Roman “Die bessere Geschichte“ sexuellen Missbrauch und die Folgen für die Opfer.

Dies ist ein verstörendes Buch. Ein anstrengendes dazu. Dies ist ein krasses, manchmal kaum auszuhaltendes, manchmal ärgerliches, ein ganz sicher mutiges Buch. Warum es den Titel „Die bessere Geschichte“ trägt, muss zumindest dem Verfasser dieser Zeilen ein stückweit rätselhaft bleiben. Er kann dennoch gut gewählt sein, weil jeder aus den Dingen, also auch aus Überschriften, eine andere Geschichte macht. Und hier geht es aber erst einmal um eine schlimme Geschichte. Die Geschichte aller Geschichten, wenn es um versehrte kindliche Seelen geht.

Als 13-Jähriger wird Tilman Weber, dessen Mutter tot ist, von seinem neu verliebten Vater an die Ostsee geschickt. In die „Freie Schule Schwanhagen“. Es ist der Beginn der 90er-Jahre, und die Reformpädagogik, einst von den 68ern wiederbelebt, aber um 1900 herum erfunden, gibt es immer noch. Das Internat ist, das macht der Romanautor Anselm Neft mehr als deutlich, mehr oder weniger eine sich hinter pädophilen Gelüsten versteckende Pädagogikanstalt. Geleitet wird sie von dem Lehrerehepaar Salvador und Valerie Wieland, das sich innerhalb der Schule eine „Familie“ herangezüchtet hat. Was ihr Tun durchdringt, ist der Trieb. Sie schwören auf Chemie-basierte Bewusstseinserweiterung, sie erklären die Magie der Sexualität, sie geben den Mädchen und Jungen das Gefühl, auserwählt zu sein. Und in Wirklichkeit wollen sie nur ihre eigenen Gelüste stillen.