Hamburg. Der NDR wird eines seiner Aushängeschilder los. Die 31. Folge von „Der Tatortreiniger“, die am 19. Dezember ausgestrahlt wird, ist zugleich die letzte. Die Comedy-Serie hat große Popularität errungen und zahlreiche Auszeichnungen gewonnen, darunter sieben Grimme-Preise, den Deutschen Comedypreis und den Deutschen Menschenrechts-Filmpreis. Bevor Schotty aber den Schrubber endgültig aus der Hand legt, spendiert der NDR den Zuschauern am 18. und 19. Dezember noch einmal vier neue und mehrere alte Folgen.
In der letzten Folge „Einunddreißig“ passieren viele merkwürdige Dinge, und gute Bekannte aus den früheren Folgen tauchen wieder auf – ein Festival der „Tatortreiniger“-Filmzitate.
Bjarne Mädel bedauert das Ende
Die Einschaltquoten sind nicht der Grund für das Ende der Serie. Die 2016 gezeigten Folgen sahen bundesweit zwischen 820.000 und 940.000 Zuschauer, was einem Marktanteil im Norden zwischen 8,1 und 9,0 Prozent entsprach. Regisseur Arne Feldhusen, der alle Folgen inszeniert hat, sagt: „Wenn man jetzt nach vielen Jahren nicht auch mal von ihm ablässt, würde man sich wohl irgendwann wiederholen.“ Genau das habe man aber immer vermeiden wollen. „Wir wollen nicht, dass Schotty wie eine Hausaufgabe wirkt und dass wir von ihm genervt sind“, erklärt Ingrid Lausund, die unter dem Pseudonym Mizzi Meyer alle Drehbücher geschrieben hat.
Bjarne Mädel, der den Tatortreiniger Heiko „Schotty“ Schotte spielt, bedauert: „Es ist für mich der Abschied von einem guten Freund. Normalerweise kann ich ganz gut zwischen privatem und gespieltem Leben unterscheiden, aber Schotty vermisse ich jetzt schon wie einen realen Menschen. Ich hätte gern noch ein paar Jahre weitergeputzt.“
Christian Granderath, beim NDR zuständig für Film, Familie und Serien, sagt über den „Tatortreiniger“: „Es war eine leidenschaftliche Beziehung mit vielen Facetten. Der Abschied fällt mir persönlich schwer.“ Der ehemalige NDR Serien-Chef Bernhard Gleim, der die Folgen auch nach seiner Pensionierung weiter betreute, sprach angesichts der großen personellen Konstanz von einer „inhabergeführten Serie“.
Olli Dittrich und Uwe Seeler als Gaststars
Der NDR hatte die ersten Folgen 2011 unangekündigt im Nachtprogramm gesendet. Bei der Zweitausstrahlung sahen ein Jahr später dann schon 670.000 Zuschauer zu. Mittlerweile wurde die Serie auch nach Frankreich und in die USA verkauft. Die Folgen beginnen meist mit einem Todesfall. Aber dann steht nicht etwa das Verbrechen im Vordergrund, sondern die oft überraschend verlaufenen Begegnungen Schottys mit Verwandten und Hinterbliebenen des Opfers. Hochkarätige (Theater-)Schauspieler wie Milan Peschel, Fritzi Haberlandt, Matthias Brandt und Barbara Nüsse traten auf, als Überraschungsgäste kamen unter anderem Olli Dittrich und Uwe Seeler.
Wäre für den „Tatortreiniger“ ein Comeback möglich? „Die NDR-Arme sind weit offen“, so Granderath. Offenbar hatte nicht einmal ein in Aussicht gestellter Kinofilm das Team zum Weitermachen animieren können. Könnte jemand anderes die Drehbücher schreiben? „Ich bin ein wahnsinnig loyaler Schauspieler“, wehrt Mädel ab. „Schotty sagt, was er denkt. Dadurch überwindet er unter anderem auch Vorurteile. Wenn die Zuschauer sich noch nach ihm sehnen, haben wir wohl in den letzten Jahren etwas richtig gemacht.“
Der NDR spendiert den Zuschauern also noch einmal ein richtig dickes „Tatortreiniger“-Paket. An diesem Donnerstag, 13. Dezember, zeigt er drei Best-of-Folgen, darunter „Sind Sie sicher?“, wofür es den Menschenrechts- Filmpreis gab, und die wunderbare Neonazi-Persiflage „Schottys Kampf“. Am Sonnabend, 15. Dezember, läuft die lange „Tatortreiniger“-Nacht mit zehn Folgen. Am Dienstag und Mittwoch, 18./19. Dezember, laufen die vier neuen Folgen. Es ist – vorerst – das Finale.
Schotty und Mizzi Meyer sprechen über das Aufhören
Ingrid Lausund hat dem "Tatortreiniger" zum Abschied einen letzten Dialog geschrieben. Ein Gespräch zwischen zwei fiktiven Charakteren: ihrem Pseudonym Mizzi Meyer und – natürlich – Schotty. Vom Aufhören Mizzi Meyer: Also gut, das war's. Aufhörn, wenn's am Schönsten ist. Schotty: Wieso das denn?! Mizzi Meyer: Sagt man so. Schotty: Da halt ich überhaupt nix von. Ich finde, wenn's am Schönsten ist, soll man's genießen. Außerdem weiß man doch gar nicht, ob's vielleicht noch schöner wird. Das weiß man doch erst hinterher! Mizzi Meyer: Aber Schotty, gib's zu: Du bist nach all den Jahren schon ziemlich erschöpft. Schotty: Ich?! Stimmt nicht! Mizzi Meyer: Sei ehrlich. Schotty: Ja, gut, es ist vielleicht ein klein bisschen anstrengender geworden, aber ... Mizzi Meyer: Also. Soll'n wir solange weitermachen, bis du mit einem Rollator zum Putzen kommst? Schotty: Ich könnte einen extrem coolen Rollator haben, so ein supergeil-modernes Hightech-Teil, so eins mit Digitalanzeige und ... Mizzi Meyer: Vergiss es. Schau mal, jetzt lieben die Zuschauer Dich noch. Schotty: Welche Zuschauer? Mizzi Meyer: Glaub mir, es ist am besten so. Du bist ein toller Kerl und Du hast einen würdevollen Abschied verdient. Schotty: Laberlaber ... Mizzi Meyer: Schotty, Du hast Deinen Job eh nur solange machen können, weil ein riesiges Team Dich so liebt und so viel möglich gemacht hat. Dir zuliebe haben Leute superbezahlte Jobangebote ausgeschlagen, haben gearbeitet wie die Verrückten, haben Budget-sprengende Geschichten möglich gemacht und haben sich persönlich für Dich eingesetzt. Ich bin wirklich dankbar für diese Zeit. Das 'Tatortreiniger'-Projekt war ungewöhnlich und toll. Aber jetzt ist es vorbei. Das ist traurig, aber richtig. Schotty: Ja gut, wenn das so ist, dann ... dann mach ich vielleicht auch noch was Anderes. Vielleicht ... Sozialpädagogik? Mizzi Meyer: Äh ... ja. Is' doch gut. Schotty: Sag bitte allen auch in meinem Namen Danke. Mizzi Meyer: Mach ich. Schotty: Kann ich noch einen Schlussgag haben? Mizzi Meyer: Nein. Schotty: Wenigstens `ne ganz kleine Tischrakete? Mizzi Meyer: Nein. Ich kenn Dich. So fängt's an, und kurz drauf brennt die Hütte. Schotty: Mann! Aber eine Frage hab ich noch. Mizzi Meyer: Ja? Schotty: Wer, zum Teufel, ist eigentlich dieser Bjarne Mädel? |
Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Kultur & Live