Hamburg. „Der Kiez ist scheiße“, sagte Klaus Voormann, als er 2009 in Hamburg sein Album „A Sideman’s Journey“ vorstellte, eine Sammlung von berühmten Songs, die er mit einigen alten Freunden eingespielt hatte: Paul McCartney, Ringo Starr, Joe Walsh, Albert Lee, Dr. John und Cat Stevens. Neun Jahre später lacht Vormann über den Satz – der Maler, Grafiker und Musiker steht auf dem Dach des Feldstraßen-Bunkers und lässt den Blick über das Heiligengeistfeld schweifen, wo am Dienstag im Reeperbahn Festival Village seine Ausstellung „Es begann in Hamburg – Graphic Arts und Geschichten 1958–2018“ eröffnet wurde. „Ich war damals lange nicht mehr auf dem Kiez, ich kannte die Clubs nicht mehr, wusste nicht mehr, was da los ist.“ Jetzt, wo am heutigen Mittwoch das Reeperbahn Festival beginnt und bis Sonnabend 420 Bands präsentiert, hofft der am Starnberger See lebende 80-Jährige, Zeit für einen Kiezbummel zu haben. So wie im Schicksalsjahr 1960.
Damals studierte Klaus Voormann, 1938 in Berlin geboren, an der Hamburger Meisterschule für Gestaltung und begegnete im Kaiserkeller fünf Jungs aus Liverpool: John Lennon, Paul McCartney, George Harrison, Pete Best und Stuart Sutcliffe. Man kam ins Gespräch, freundete sich an und fortan verbrachte Voormann ungezählte Abende bei den Auftritten der frühen Beatles. Er blieb ihr Freund, spielte Bass auf den Solo-Alben von John, George und Ringo, produzierte Alben von Trio und Nena, aber noch mehr als Pop-Musiker war und ist Voormann Pop-Künstler.
1960 entwarf er für die Deutsche Grammophon das Cover der Single „Walk Don’t Run“ von The Typhoons, es folgten Aufträge unter anderem für die Gestaltung von 20 LPs der Reihe „Pioneers Of Jazz“ und ein Anruf von John Lennon im Frühjahr 1966: „Hey, Klaus, hast du eine Idee für unser neues Albumcover?“ Voormann, gerade in der Badewanne ausnüchternd, hatte eine: Seine mit einem Grammy belohnte Collage für „Revolver“ ist heute eine Design-Ikone.
Er verewigte den Kiez der 60er, seine Clubs, Bands und Ausnüchterungszellen, sowohl in eiligen Skizzen als auch in fotorealistischen Bildern, und hinterlässt bis heute seine Spuren überall dort, wo Musik ist: auf unzähligen Plattenhüllen von Bee Gees bis Mando Diao, auf verzierten Gitarren, auf dem Türknauf von George Harrisons Anwesen im Friar Park und nun bis Sonntag auf dem Heiligengeistfeld. 72 Exponate, zusammengestellt von Voormanns Kindern Ruscha und Maxi, zeigen Rock ’n’ Roll gespielt mit Bleistift, Tusche, Feder, Öl und Acryl. In Hamburg, wo auch für Voormann alles begann: „In dieser Stadt bin ich erwachsen geworden.“ Wie die Beatles.
Klaus Voormann: „Es begann in Hamburg – Graphic Arts und Geschichten 1958– 2018“ Mi 19.9. bis So 23.9., Reeperbahn Festival Village (U St. Pauli), Heiligengeistfeld, ohne Festivalticket: Mi–Sa 19.00-22.00, So 9.00–19.00, Eintritt 12,-; mit Festival-
Ticket frei: Mi–Sa 12.30–22.00
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