Hamburg

Feinste Klavierkunst

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Elisabeth Richter

Euphorische Stimmung beim zweiten Konzert des Martha-Argerich-Festivals

Hamburg.  Sieben Pianisten, ein Trompeter, ein Bratschist – so sehen echte Kammermusikfestival-Konzerte aus. Etwas, das in Hamburg bislang Seltenheitswert hatte. Das neue Martha-Argerich-Festival der Symphoniker Hamburg macht’s möglich. Ravel, Prokofjew, Schubert und Schostakowitsch standen beim zweiten Abend in der Laeisz­halle auf dem Programm.

Den Auftakt ließ sich Martha Argerich nicht nehmen – gemeinsam mit ihrem fast 30 Jahre jüngeren Pianisten-Kollegen Nicholas Angelich (48). Der zählt zu den weltweit renommiertesten Pianisten seiner Generation, im August spielt er beim Schleswig-Holstein Musik Festival. In Hamburg griffen Argerich und Angelich bei Ravels eigenem Arrangement seines berühmtem „La Valse“ so beherzt in die Tasten, dass man sich in all dem glitzernden Walzerrausch ein bisschen mehr strukturelle Klarheit gewünscht hätte. Der frech von Ravel karikierte Walzerrhythmus war schwer zu identifizieren.

Im Zeichen des Klavierduos stand der erste Konzertteil. Bei Prokofjews „Cinderella Suite Op. 87“ traten gleich zwei exzellente Duos auf. Den ersten Teil spielten der Ukrainer Alexander Mogilevsky und die Japanerin Akane Sakai, den zweiten der Bulgare Evgeni Bozhanov und der Litauer Kasparas Uinskas. Alle vier sind in den Konzertsälen der Welt unterwegs, alle arbeiten schon lange mit Martha Argerich zusammen und traten auch bei ihrem „Progetto Argerich“ in Lugano auf.

Mogilevsky/Sakai berührten mit dynamischen und klanglichen Abstufungen, mit rhythmischem Puls sowie sphärischen hohen Lagen. Das war feine Klavierkunst. Bozhanov/Uinskas standen dem in nichts nach, sie punkteten mit wunderbar ausgestalteten Melodien und fratzenhaften, ins Groteske gehenden Tänzen. Pianistische Brillanz pur.

So ein Festival ermöglicht auch die Präsentation unterschiedlicher Gattungen im selben Konzert. Im zweiten Teil gab es Kammermusik und Orchestermusik. Und das geht ja nur, weil die Symphoniker Hamburg das Festival veranstalten. Zuerst spielte Michael Barenboim mit warm-sonorem Bratschenton die Arpeggione-Sonate von Schubert. Elena Bashkirova begleitete dabei unglaublich sensibel am Klavier, fast ein bisschen zu zurückhaltend.

Der krönende Abschluss gehörte wieder Martha Argerich mit Schostakowitschs erstem Klavierkonzert, das als pfiffige Klangvariante auch eine Solo-Trompete hat. Ein Stück voll halsbrecherischer Virtuosität, schlicht faszinierend, wie souverän und mit welchem Swing die 77-Jährige das servierte. Aber der herrlich weiche, sich wie Balsam auf die Ohren legende Trompetenton von Sergei Nakariakov und die superpräzise und vital agierenden Symphoniker Hamburg trugen genauso zu der euphorischen Stimmung an diesem großartigen Abend bei.