Hamburg. Ach, die liebe Familie, mitunter verflucht und doch immer geliebt. „Doing Family“ nennt Barbara Schmidt-Rohr ihre Performance für ein jugendliches und erwachsenes Publikum, die jetzt beim Dangerous Minds-Festival Uraufführung auf Kampnagel feierte. Und es ist keineswegs eine pessimistische Sicht auf die Kern-Familie in unserer globalisierten Welt. Eher eine Utopie, die Anlass zur Hoffnung gibt.
Durch eine mit Schmetterlingen geschmückte Kabelschleuse geht es in eine Zauberwelt. Die spielt sich mit offenen Kabeln, Plexiglas-Wänden und dem auf einem Moosbett ruhenden Schauspieler Joachim Kappl samt viel Grün am Boden hinter einem Gartenzaun ab, wie er die typische Mittelstandssiedlung abgrenzt.
Grundsympathisch wirkt die Familie, die sich dort aufreiht, Mutter, Vater, zwei Söhne, eine Tochter. Sie lächeln und agieren doch künstlich, wenn sie die Mundwinkel emporschieben. Natur und Technik existieren tatsächlich gleichberechtigt nebeneinander. Quietschende Miniroboter rotieren geschäftig zwischen zwei Tierkäfigen. Das Moos wird liebevoll umgebettet.
Leider nur erschwert das Raumkonzept die Sicht auf alle simultanen Ereignisse. In einem Intermezzo erhalten die Zuschauer Lautsprecher, aus denen Kappls Gedicht „Das Vermächtnis“ erklingt. Eine Ode an die Jugend, voller Wohlwollen, Weisheit, Mahnung und Lebenszugewandtheit. Wenn dann der Song „Wonderful World“ von Black verfremdet mit schweren Beats erklingt und Jugendliche eine Choreografie von Patricia C. Mai ausführen, entsteht ein starkes Bild von Selbstermächtigung und Gruppenvertrauen. Sie fassen sich am Kopf, gehen zu Boden und kommen wieder kraftvoll auf die Beine. Eine stringent choreografierte Erfahrung voller Zuversicht. Lohnend nicht nur für Jugendliche.
Barbara Schmidt-Rohr: „Doing Family“ Sa 26.5., 20.00, Kampnagel, Jarrestraße 20–24, Karten T. 27 09 49 49; www.kampnagel.de
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