Hamburg. Zur Gilde der Biertrinker gehört Youn Sun Nah offenbar nicht. Am Ende ihres gefeierten Auftritts im Großen Saal der Elbphilharmonie kommt ihre Band mit vollen Gläsern zurück auf die Bühne – der koreanischen Sängerin bringen sie keines mit. Die schlägt derweil vor Erstaunen und Rührung über den starken Applaus die Hände vors Gesicht und winkt dann mit beiden Armen in die Ränge hinauf – mit einem Glas in der Hand wäre das wohl ohnehin unmöglich.
Die Ovationen für die Vokalistin aus Seoul sind mehr als verdient, Youn Sun Nah beweist an diesem Abend, dass sie zu den herausragenden Künstlerinnen des Jazz-Gesangs zählt. 105 Minuten lang zeigt sie ein stilistisches Kaleidoskop, ohne sich zu wiederholen.
Die Palette reicht von der Ballade über groovenden Jazz bis hin zu traditionellen koreanischen Songs und französischen Chansons. Léo Ferrés „Avec Le Temps“ setzt den dramatischen Schlusspunkt unter ein an Höhepunkten reiches Konzert. Nach dem zarten Auftakt mit „Traveller“ geht Youn Sun Nah bei „Teach The Gifted Children“ in die Vollen und zeigt, über welches Stimmvolumen sie verfügt. Getragen wird sie von einer exquisiten Band, die sie überwiegend in New York gefunden hat. Der afroamerikanische Bassist Brad Christopher Jones und Schlagzeuger Dan Rieser waren bereits bei den Aufnahmen ihres aktuellen Albums „She Moves On“ dabei. Für Youn Sun Nah bedeutete das einen Neuanfang, und ihr Konzert endet jetzt als Triumph. (oeh)
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